Namen & Neues

Grün-Rot kommt: Die Zählgemeinschaft steht und die BVV startet

Veröffentlicht am 02.11.2021 von Sigrid Kneist

An diesem Donnerstag kommt die neu gewählte Bezirksverordnetenversammlung das erste Mal zusammen. Kurz vorher wird  sich an diesem Tag das Abgeordnetenhaus konstituiert haben; das ist laut Bezirksverwaltungsgesetz die Voraussetzung dafür, dass auch die BVVen ihre Arbeit aufnehmen können. Anders als in einigen anderen Bezirken werden in Tempelhof-Schöneberg an diesem Tag aber noch nicht der Bezirksbürgermeister und die übrigen fünf Mitglieder des Bezirksamts gewählt, sondern nur der Bezirksverordnetenvorsteher.

Kontiuität in der BVV. Das Amt soll wieder der Sozialdemokrat Stefan Böltes übernehmen. Er wurde am Montagabend einstimmig von den Fraktionen der Grünen und der SPD nominiert, die im Bezirk wieder – wenn auch in umgekehrter Rangfolge – eine Zählgemeinschaft bilden. In der Regel wird eigentlich der stärksten Fraktion das Recht zugesprochen, den BVV-Vorsteher zu stellen. Die Grünen waren bei der Wahl aber nur minimal stärker als die SPD; und beide Fraktionen verfügen in der BVV jeweils über 15 Sitze. Deswegen hat sich Grün-Rot darauf geeinigt, dass die SPD das Amt besetzen darf, der Posten des Bezirksbürgermeisters aber den Grünen zusteht. Die BVV tagt am Donnerstag, 17 Uhr, in der Sporthalle am Sachsendamm 12. Gäste müssen sich am Eingang registrieren. Es gilt die 3G-Regel. berlin.de

Die Ämterverteilung. Das Bezirksamt wird voraussichtlich am 17. November von der BVV gewählt werden. Bei den Personalien gibt es bisher keine Überraschungen. Bis auf den Stadtratsposten für Schule und Sport sowie Weiterbildung und Kultur, der der CDU zusteht, stehen die Namen der anderen fünf künftigen Stadträtinnen und Stadträte schon länger fest. Bezirksbürgermeister wird also der Grüne Jörn Oltmann, vorher zuständig für Stadtentwicklung. Die  Nachfolgerin in seinem alten Amt wird die Vorgängerin in seinem neuen Amt: Die bisherige Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler (SPD) steht künftig an der Spitze des Bereichs Stadtentwicklung und wird stellvertretende Bürgermeisterin. Den Geschäftsbereich Ordnungsamt, Straßen- und Grünflächenamt übernimmt die Grüne Saskia Ellenbeck, bisher das einzig neue Gesicht in dem nun sechsköpfigen Gremium.

Für Jugend und Gesundheitsamt wird der Sozialdemokrat Oliver Schworck verantwortlich sein. Der CDU-Mann Matthias Steuckardt wird die Bereiche Soziales und Bürgerdienste leiten. Für das schwierige Schulressort ist die CDU noch auf der Suche. Wie es heißt, hätte die Union gerne eine Frau für den Posten. Spätestens am 13. November wird feststehen, wer das Amt übernimmt. Dann tagt der CDU-Kreisparteitag. leute.tagesspiegel.de

Der Entwurf der Zählgemeinschafts-Vereinbarung. Dieser liegt bereits vor; die Gremien von SPD und Grünen müssen die Vereinbarung noch beschließen. Die Grünen werden bei ihrer digital abgehaltenen Mitgliederversammlung heute Abend darüber abstimmen, die SPD hat für den 13. November zur Kreisdelegiertenversammlung eingeladen. Bemerkenswert ist vor allem dieser Satz aus der Präambel: „Die Zählgemeinschaft aus Bündnis 90/Die Grünen und der SPD wird einen Politikstil pflegen, der auf Kooperation statt Konfrontation ausgelegt ist.“ Vor allem in den letzten zwei bis drei Jahre der bisherigen rot-grünen Zählgemeinschaft war von einem kooperativen Stil wenig zu merken. Besonders in der Verkehrspolitik attackierten die Sozialdemokraten die von den Grünen gestellte Verkehrsstadträtin Christiane Heiß scharf. Auch wenn es in der Bezirkspolitik nicht unüblich ist, dass sich die einzelnen Fraktionen einer Zählgemeinschaft auch schon mal andere Bündnispartner suchen, führte es hier oft zu größeren Reibereien.

Ein Beispiel dafür war der Beschluss zur Umbenennung des Kaiser-Wilhelm-Platzes in Richard-von-Weizsäcker-Platz, den die Grünen gemeinsam mit CDU und FDP durchsetzen. Die SPD war empört, weil Straßen eigentlich nach Frauen benannt werden sollen. Jetzt hat man sich darauf geeinigt, dass wirklich nur in absoluten Ausnahmefällen eine Straße nach einem Mann benannt werden darf, „wenn eine adäquate Anzahl von Benennungen von Frauen stattgefunden hat. Es wird das Verhältnis 1 zu 20 gewählt.“

Weitere Inhalte. Besondere Überraschungen hält die Vereinbarung nicht bereit. Im Bereich Verkehr wird diesmal den Rechten der Fußgänger mehr Bedeutung zugemessen. Und interessant: Grüne und SPD wollen durchgehend Tempo 30 auf allen Hauptstraßen. Die Schöneberger Hauptstraße, eine der wichtigsten Hauptverkehrsadern des Bezirks mit vielen Problemen, soll umgebaut werden. Die Planung für Radwege soll unter anderem am Mariendorfer Damm (siehe auch Meldung zum Tempelhofer Damm), an der Martin-Luther-Straße, am Straßenzug Dominicusstraße/Sachsendamm/Schöneberger Straße, an der Bundesallee sowie Grunewaldstraße Vorrang haben. Kiezblocks mit Straßen ohne Durchgangsverkehr sollen gefördert werden. In Lichtenrade soll das Programm „Lebendige Zentren“ genutzt werden, um die städtebaulichen Auswirkungen durch die Dresdner Bahn zu mildern. Beim Schulbau setzt Grün-Rot auf eine Prioritätenliste, „die eine realistisch umsetzbare Anzahl von Baumaßnahmen in Schulen den Vorrang bei der baulichen Umsetzung einräumt“.