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Doppelhaushalt 2024/ 2025: Bürgermeister glaubt nicht an Sparmaßnahmen
Veröffentlicht am 19.12.2023 von Nora Tschepe-Wiesinger
Am Donnerstag hat sich das Abgeordnetenhaus auf den Doppelhaushalt 2024/25 mit einem Volumen von 39,3 Milliarden Euro für 2024 und von 40,5 Milliarden Euro für 2025 geeinigt. So hohe Ausgaben gab es noch nie. Ein großer Posten sind Zuweisungen an die Bezirke (jeweils rund 11 Milliarden Euro), besonders viel Geld fließt auch für Personal und Investitionen. Da die Schuldenbremse gilt, wird der Etat nicht über neue Kredite finanziert. Vielmehr werden bestimmte Rücklagen aufgebraucht – die in Zukunft dann nicht mehr zur Verfügung stehen.
Der Haushaltsplan sieht allerdings auch vor, dass in den nächsten zwei Jahren mehrere Milliarden pro Jahr eingespart werden müssen. Im laufenden Etat müssen 2024 und 2025 Ausgaben von jeweils etwa 1,9 Milliarden Euro eingespart werden. Das sei ein neuer Negativ-Rekord, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch am Donnerstag im Abgeordnetenhaus.
Sozialverbände und Bezirke glauben, dass die Einsparungen durch die pauschale Minderausgabe in den kommenden zwei Jahren größtenteils auf Kosten des Sozialbereichs gehen werden. Die Bezirke kritisieren in dem Zusammenhang, dass das Land ihnen nicht mehr wie bisher auch Personalstellen finanzieren will, die unbesetzt sind.
In einem offenen Brief hatten sich die 12 Bezirksbürgermeisterinnen und Bezirksbürgermeister Berlins zuvor ans Abgeordnetenhaus gewandt und vor einem sozialen Kahlschlag in den Bezirken gewarnt. Bezirksbürgermeister von Tempelhof-Schöneberg Jörn Oltmann (Grüne) sagte dem Tagesspiegel, er glaube nicht an Sparhaushalte. „Wir müssen Personal aufbauen und nicht Personal einsparen“. Dazu gehöre es, sich zu überlegen, wie sich Gelder etwa durch die Schaffung von weiteren sozialen und kulturellen Angeboten im Bezirk erwirtschaften, statt einsparen ließen.
Mit den vom Land verordneten Einsparungen der pauschalen Minderausgaben sei man jedenfalls relativ schnell „am Grund des Bodens angekommen“. Dies könnte für den Bezirk mittelfristig zum Beispiel die Schließung von Jugendfreizeiteinrichtungen bedeuten. Eine konkrete Einrichtung sieht Oltmann derzeit aber noch nicht bedroht. Auch eine Haushaltssperre, wie sie das Bezirksamt Neukölln am Dienstag beschlossen hat, drohe für Tempelhof-Schöneberg bisher nicht.
Heftige Kritik am Doppelhaushalt kommt derweil auch von den Grünen-Abgeordneten des Bezirks Sebastian Walter und Catherina Pieroth. Der Haushaltsbeschluss sei für den Bezirk „eine Enttäuschung.“ Zentrale Zukunftsprojekte wie zum Beispiel der Bildungscampus Wenckebach auf dem Gelände des ehemaligen Wenckebach-Krankenhauses in Tempelhof sowie das geplante Stadtquartier Neue Mitte Tempelhof seien durch die Einsparungen bedroht. Für die Neue Mitte Tempelhof, ein Stadtquartier, das unweit des Tempelhofer Feldes mit Kultur- und Bildungsangeboten sowie 500 neuen Wohneinheiten entstehen soll, seien weder im aktuellen Haushalt noch in der Investitionsplanung Mittel vorgesehen. Auch das ehemalige Straßenbahndepot in der Belziger Straße, das auf Einwohner-Initiative als Kieztreffpunkt geplant und zur Unterstützung von wohnungslosen Menschen angedacht war, sei bedroht. Die Koalition wolle stattdessen ein Polizei- und Feuerwehrmuseum an dieser Stelle errichten. Dies sei „eine Schnapsidee angesichts der sozialen und kulturellen Bedarfe im Kiez“, hieß es in einer Pressemitteilung der Grünen. Auch die Mittel für Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von Sexarbeitenden rund um die Kurfürsten- und Frobenstraße im Schöneberger Norden seien von Kürzungen bedroht und wichtige Beratungs- und Unterstützungsarbeit vor gefährdet.
Die Koalition im Abgeordnetenhaus wies die Kritik der Bezirke und Sozialverbände am Donnerstag zurück. Es gebe keinen sozialen Kahlschlag, im Gegenteil: Der Bereich Soziales und Zusammenhalt bilde einen Schwerpunkt des Etats.
- Eine ausführliche Übersicht über die weiteren Abgeordnetenhausbeschlüsse finden Sie im Text meiner Kolleginnen Nora Ederer und Anna Thewalt hier.