Kiezgespräch

Veröffentlicht am 26.06.2018 von Sigrid Kneist

Eine Tochter Schönebergs mit Weltruhm ist Marlene Dietrich. Der 1901 geborene Filmstar, in Deutschland berühmt geworden als fesche Lola in „Der blaue Engel“ und Anfang der 1930er Jahre nach Amerika emigriert, engagierte sich während des zweiten Weltkriegs im Kampf gegen Nazi-Deutschland. Mit dem Gedenken an die 1992 gestorbene Schauspielerin tat sich der Bezirk in der Vergangenheit stets schwer. In den 90er Jahren scheiterten Versuche, eine Straße nach ihr zu benennen. Der Bezirk Tiergarten sprang ein und widmete ihr den Platz vor dem Musicaltheater am neu bebauten Potsdamer Platz. Gut zehn Jahre später versuchte es der dann zusammengelegte Bezirk Tempelhof-Schöneberg ein weiteres Mal und schlug den direkt an den Bahnhofsvorplatz am Südkreuz grenzenden Teil der Naumannstraße vor. Dagegen wehrten sich Dietrichs Erben: Dieser Abschnitt der Straße sei zu popelig, um an die Diva zu erinnern.

Jetzt hat sich die SPD daran erinnert, dass der Kinosaal im Rathaus namenlos ist und stellte den Antrag, ihn nach Marlene Dietrich zu benennen. Die Linke stellte noch kurz den Antrag, dem Saal doch lieber den Namen Inge Meysel zu geben, vor allem älteren Mitmenschen bekannt unter anderem als „Mutter der Nation“ im Nachkriegs- und Wirtschaftswunder-Deutschland. An die Schauspielerin, die von den Nazis als Halbjüdin diffamiert wurde und deswegen Auftrittsverbot erhielt,  erinnert eine Gedenktafel am Haus mit der elterlichen Wohnung in der Schöneberger Heylstraße, auch wenn Meysel ihren Lebensmittelpunkt eher in Hamburg hatte.

Der Vorstoß der Linken wurde in der BVV einerseits mit Irritation und andererseits mit Befremden aufgenommen. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Matthias Steuckardt sprach von „zwei tollen Frauen“, die es beide verdient hätten, geehrt zu werden und wollte den Antrag deswegen lieber noch einmal im Kulturausschuss diskutieren. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Jan Rauchfuß wiederum beklagte, dass „diese beiden Frauen in Konkurrenz“  gebracht gebracht worden seien. Er verstieg sich sogar zu der Frage, ob die Linke ihren Antrag deswegen eingebracht habe, „weil Marlene Dietrich auf Seiten der West-Alliierten stand“.

Inhaltlich begründete die Linke ihren Vorschlag nicht, zog ihn dann auch zurück: Man habe ihn vor allem deswegen gestellt, damit die BVV nicht adhoc über den Namensvorschlag abstimmt, sondern im Kulturausschuss darüber diskutiert. Nach diesem Geplänkel beschloss die BVV einstimmig den Antrag der SPD. Nun wird in einem Gebäude mit einstigem Weltruf der bedeutenden Filmschauspielerin Marlene Dietrich gedacht. Wenigstens das.

Ihre letzte Ruhestätte fand sie übrigens auf dem kleinen Friedhof an der Stubenrauchstraße. „Hier steh ich an den Marken meiner Tage – Marlene 1901 – 1992“ steht auf dem Stein ihrer kleinen Grabstelle, die als Ehrengrab des Landes Berlin gilt. Bei meinem letzten Besuch, der allerdings schon einige Zeit zurück liegt, war es ziemlich ungepflegt.