Kiezgespräch
Veröffentlicht am 03.11.2020 von Sigrid Kneist
Protest vor Abgeordnetenbüro. Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut. In einer Demokratie ist es unverzichtbar, dass Menschen sich in der Öffentlichkeit äußern und ihre Meinung kundtun können. Auch die Wahl des Ortes ist wichtig, um angemessen wahrgenommen zu werden. Deswegen kann dieser von der Versammlungsbehörde auch nur in Ausnahmefällen aus ganz besonderen Gründen – beispielsweise einer Gefährdung – abgelehnt werden. Aber sollte alles, was rechtlich möglich ist, auch so umgesetzt werden? Muss beispielsweise direkt vor einem Büro eines einzelnen Abgeordneten demonstriert werden? Zumal, wenn dieses in jüngster Zeit gleich zwei Mal attackiert wurde. Hat eine solche Aktion nicht auch etwas Diffamierendes? Diese Fragen kann man sich schon stellen.
Worum geht’s? Für Samstag – Halloween – hatten verschiedene Mieterinitiativen unter dem Titel „Die Luczak-Horror-Show – das Gruselmärchen vom Wohneigentum“ zu einer Aktion direkt vor dem Schöneberger Büro des CDU-Bundestagsabgeordneten Jan-Marco Luczak aufgerufen. Sie kritisieren vor allem dessen Position zur Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen. Mit dabei waren unter anderem auch SPD-Politiker aus dem Bezirk, der Juso-Vorsitzende und designierte Bundestagswahlkreiskandidat, Kevin Kühnert, sowie die beiden Schöneberger Kandidaten fürs Abgeordnetenhaus, Wiebke Neumann und Michael Biel. Sie hielten kleine Plakate, die Luczak unter der Überschrift „Beste Freunde“ neben einem „Miethai“ zeigten.
Das sagt der CDU-Mann zu der Aktion: „Kreative und auch laute politische Auseinandersetzungen finde ich gut, wenn es um den Streit um Inhalte geht. Leider war die Aktion doch sehr zugespitzt und ich wurde als Immobilienlobbyist, Kürbiskopf und Lord der Verdrängung diffamiert.“ Das Thema bezahlbares Wohnen sei für viele Menschen von existenzieller Bedeutung. Luczak plädiert für mehr Sachlichkeit in der Auseinandersetzung. Man müsse aufpassen, „dass mit solchen Aktionen nicht noch weiter polarisiert und die Stimmung angeheizt wird“. Das könne schnell umschlagen. Sein Bürgerbüro wurde in letzter Zeit zwei Mal – mutmaßlich von Tätern aus dem linksextremistischen Spektrum – attackiert. Einmal wurden alle Fenster eingeschlagen, vor wenigen Wochen wurde die Fassade mit Farbebeschmiert. Auch sein Wohnhaus wurde bereits Ziel einer Farbattacke. Für ihn ist mit diesen Aktionen längst eine rote Linie überschritten. Nicht nur für ihn.