Kiezgespräch
Veröffentlicht am 20.12.2022 von Sigrid Kneist
Schluss mit Hähnchenverkauf in Friedenau? Seit gut 13 Jahren sind Sarhat Darbandi und sein Hühnchenwagen nicht aus der Handjerystraße wegzudenken. Immer Montags und Freitags verkauft er dort seine Grillhähnchen, Rosmarinkartoffeln und anderes. Die Nachbarschaft kommt gerne. Zehn Jahre lang stand der Hähnchengrill auf dem Grundstück des damaligen Edekas. Als das alte Edeka-Gebäude abgerissen wurde, zogen Darbandi und sein Wagen um. Er konnte seinen Wagen in einer Ecke vor der Friedrich-Bergius-Schule abstellen; das kleine Stück gehört noch zum Schulgrundstück. Viele Menschen aus dem Kiez seien bei ihm seit vielen Jahren Stammkunden, schrieben mir Leser. Jetzt befürchten sie, dass Darbandi den Kiez verlassen muss. Ihm sei vom Bezirksamt mitgeteilt worden, dass er nur noch bis Ende des Jahres dort stehen dürfe. „Die Kunden verstehen die Welt nicht mehr“, schreibt eine Leserin.
Angst um die Zukunft. „Wenn ich den Standort an diesen beiden Tagen verliere, gehe ich Pleite“, sagt Darbandi. An den anderen drei Tagen verkaufe er in Hennigsdorf und in Reinickendorf. Aber am besten laufe das Geschäft in Friedenau. Er sei komplett von der Nachricht überrascht worden, dass er den Standort aufgeben müsse. Das Verhältnis zu den Menschen im Kiez sei sehr gut. „Das ist wie Familie hier“, sagt Darbandi. Den Strom für seinen Hähnchengrill habe er von der Schule bekommen; dafür habe er monatlich einen festen Betrag an den Förderverein bezahlt. Ein Standplatz auf einem Markt mit Öffnungszeiten bis circa 13 Uhr ist für Darbandi keine Alternative. Hähnchen würden nicht am frühen Morgen gekauft. „Da verkaufe ich bis 13 Uhr nur ganz wenige“, sagt der Händler, der eine Familie mit drei Töchtern hat. Das lohne sich für ihn nicht.
Die Schule sei tieftraurig, dass Darbandi den Platz räumen soll, sagt Schulleiterin Andrea Mehrländer. Rund 700 Unterschriften wurden gesammelt mit der Bitte, dass der Grillwagen an den zwei Tagen dort bleiben dürfe. Mehrländer stellte jetzt im Namen der Schulgemeinschaft den Antrag bei Schulstadtrat Tobias Dollase (parteilos, für die CDU), dem mobilen Grill dauerhaft auf dem Schulgelände einen Stellplatz auf Toleranzbasis zu gewähren. Der Stromverbrauch solle über den Bezirk abgerechnet werden.
Initiiert vom Bezirk. Mehrländer verwies auch darauf, dass der heutige Standort seinerzeit auf eine Initiative des Bezirksamts zurückging. Der damalige Baustadtrat und heutige Bezirksbürgermeister Jörn Oltmann (Grüne) habe während der Bauarbeiten 2019 bei ihrem Amtsvorgänger Michael Rudolph gefragt, ob der Grillwagen nicht auf dem Schulgelände stehen könne. Die von einem Mitarbeiter des Sportamts versandte Nutzungsbeendigung sei „für uns als Schule nicht nachvollziehbar und fußt offensichtlich auf einer einzigen Beschwerde eines Bürgers, der Fragen zu der für ihn intransparenten Strombezahlung hatte“, heißt es in dem Antrag: „Diese Strombezahlung ist weder intransparent noch unlösbar.“ Die Schule habe seit zweieinhalb Jahren fünf Mal beim Bezirksamt nachgefragt, wohin eine kostendeckende Strompauschale hätte überwiesen werden können: „Es kam nie eine Antwort, keine Kontoangabe.“
Das sagt das Bezirksamt. In diesem Fall ist das Schulamt zuständig. Der Wagen stehe auf einem nicht eingezäunten Teil des Schulgrundstücks, teilte Schulstadtrat Dollase mit. Der Betrieb sei untersagt worden. Die Begründung: „Es ist nicht vorgesehen, auf Schulgrundstücken dauerhafte privatgewerbliche Nutzungen zu betreiben.“ Man habe den Inhaber darüber informiert, dass er beim Straßenverkehrsamt des Bezirks einen Standort auf öffentlichen Flächen beantragen könne.