Kiezgespräch

Veröffentlicht am 01.10.2024 von Sigrid Kneist

Zum Schluss die Rubrik: Tierisches geht immer. Waschbären sehen mit ihren Händchen und den schwarzen Ringen um die Augen unglaublich süß aus. Wer sie jemals als ungebetene Mitbewohner im Hause hatte, kann jedoch Geschichten erzählen, welches Chaos und welchen Dreck die so possierlich wirkenden Tiere anrichten können, wie angriffslustig und bissig sie sich gegen die menschlichen Bewohner verhalten, wenn sie sich angegriffen fühlen, wie schwer man sie loswird.

„Ja, er ist süß, aber er raubt uns momentan den letzten Nerv.“ – Das postete vor Kurzem die Kirchengemeinde Alt-Schöneberg zum Bild eines Waschbären auf Instagram. Vor einigen Wochen bemerkte die Gemeinde, dass sich Waschbären bei ihr eingenistet haben. Ein Tier hockte auf einmal vor einem Küchenfenster. Aber viel problematischer für die Gemeinde ist, dass sich Waschbären oben im Gebälk der Paul-Gerhardt-Kirche eingerichtet haben. „Es rieselt von der Decke“, sagt Küsterin Carola Dieckmann. Morgens finde man im Kirchenraum stets Holzspäne vor dem Altar. Zwei erwachsene Tiere wurden bereits gesichtet. Sie kommen über das Dach und finden anscheinend Einlass durch einen Spalt oberhalb eines sehr schmalen Fensters, durch den sie in einen Bereich zwischen Decke und Dach gelangen.

Verschiedene Gemeindegremien sind jetzt schon mit den Eindringlingen befasst, die Gruppe, die sich um die bauliche Unterhaltung kümmert, und der Gemeindekirchenrat. Bei einem Experten der Berliner Forsten wurde nachgefragt, was man tun könne, um sie zu vertreiben und wie man die Kirche „waschbärsicher“ machen kann, sodass sie nicht wieder einen Durchschlupf finden. Das ist schon in einem Wohnhaus nicht einfach, umso schwerer ist es in einem Gebäude wie einer Kirche. Eine Lösung hat die Gemeinde noch nicht gefunden, aber eins scheint sicher zu sein: Die notwendigen baulichen Maßnahmen werden ins Geld gehen.

  • Die Senatsumweltverwaltung gibt im Internet Tipps, welche Maßnahmen man ergreifen kann. Im Wesentlichen wird empfohlen, den Waschbären schon präventiv „das Schlaraffenland Stadt ungemütlicher zu machen“, damit sie sich hier nicht weiter ausbreiten. Auf keinen Fall dürfe man die Tiere selber jagen oder mittels einer Falle einfangen. Strafen bis zu 50.000 Euro drohen.

Eine tierische Zugabe. In diesem Fall geht es um Vögel, die schon längst das Weite gesucht haben. Die BZ hat jetzt berichtet, dass ein bereits seit Jahren verlassenes Mäusebussardnest eventuell dazu führen könnte, dass sich die Bauarbeiten für den Schätzelberg Campus in Mariendorf eventuell um zwei Jahre verzögern könnten. Die Investorenfamilie Semer will gemeinsam mit dem Unternehmen Hamburg Team hinter dem Dreifaltigkeitsfriedhof an der Eisenacher Straße rund 220 Wohnungen, Sozialeinrichtungen und eine Kita errichten. Experten der Senatsumweltverwaltung hätten die Schutzfrist für ein Nest, das zuvor von den streng geschützten Vögeln benutzt wurde, auf vier Jahre festgesetzt, statt auf zwei Jahre, wie es die gesetzlichen Regelungen vorsähen. Sie forderten eine Ausnahmegenehmigung. Die Bussarde haben dem Bericht zufolge das Nest spätestens 2022 verlassen und 2020 den letzten Nachwuchs dort aufgezogen.

Die Sprecherin der Umweltverwaltung, Petra Nelken, sieht bei diesem Fall kein Problem. Wenn der Bauträger das Nest entfernen wolle, müsse er einen Antrag stellen. Und dann gebe es auch eine Genehmigung. Der Antrag habe bisher nicht vorgelegen. Hamburg Team hat mir auf Nachfrage mitgeteilt, dass dies inzwischen geschehen ist. Man habe beantragt, den entsprechenden Baum fällen.