Unser Tipp für Sie
Veröffentlicht am 05.07.2022
Zwangsarbeit in Berlin. In den Kriegsjahren hätte in Deutschland vieles nicht funktioniert, wenn die Nazis nicht zahlreiche Männer und Frauen als Zwangsarbeiter hierher verschleppt hätten. Die Menschen aus Osteuropa, aber auch aus Frankreich oder den Niederlanden und anderen Ländern hielten die Wirtschaft am Laufen, wurden in der Landwirtschaft eingesetzt, mussten in den Fabriken der Rüstungsindustrie schuften. Selbst die Kirchen profitierten von ihrem Einsatz. In Berlin gab es in der gesamten Stadt Lager – große und kleinere -, wo die Zwangsarbeiter oft in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Deutschen lebten. Dennoch ist über viele Lager und die Zustände, unter denen die Menschen dort untergebracht waren, nur wenig bekannt. Das Dokumentationszentrum NS Zwangsarbeit hat in diesem Jahr gemeinsam mit den Regionalmuseen eine zwölfteilige Veranstaltungsreihe konzipiert, um das Thema in den einzelnen Bezirken zu beleuchten.
In Tempelhof-Schöneberg. Bei der Veranstaltung für unseren Bezirk am 14. Juli steht die Zwangsarbeit auf dem Flughafen Tempelhof und in Mariendorf im Mittelpunkt. Auf dem Tempelhofer Feld mussten tausende Menschen, die in großen Lagern untergebracht waren, für die Lufthansa und den Weser Flugzeugbau Zwangsarbeit leisten. Bei archäologischen Grabungen wurden die Spuren der Lager in den Jahren 2012 und 2014 freigelegt. Über dieses Projekt und die Ausmaße der Zwangsarbeit berichtet die Archäologin Kathrin Misterek.
Weniger bekannt sind hingegen die Lager am ehemaligen Güterbahnhof Mariendorf. Über diese wird Miklas Weber berichten. Er lebt selbst in Mariendorf und widmet sich viel der Forschung über und der Erinnerung an die Opfer der NS-Diktatur. Weber macht es nicht beruflich, sondern aus Interesse. Von Hause aus ist er IT-Fachmann. Seine Aufmerksamkeit war 2016 geweckt, als es um die Erforschung des Seebads Mariendorf und die jüdische Eigentümerfamilie Lewissohn ging, über die ich hier berichtet habe. Weber recherchiert in den Archiven von Bezirk und Land, trägt Informationen zusammen.
Zwei Lager. Weber hat sich mit den beiden Lagern beschäftigt, die am damaligen Güterbahnhof Mariendorf entstanden waren Sie befanden sich an der Attilastraße und der Röblingstraße, wo jetzt das große neue Quartier Marienhöfe entstehen soll. Die genauen Standorte lagen aber nicht genau auf dem Areal, das jetzt bebaut werden soll, sondern grenzten daran an. An der Röblingstraße, ungefähr dort, wo bis vor kurzem ein Aldi-Supermarkt stand, waren bis zu 550 Zwangsarbeiter – darunter viele Belgier und Niederländer – untergebracht. Sie mussten für die Reichsbahn schuften. An der Attilastraße lebten die Zwangsarbeiter für das in der Rüstungsindustrie tätige Eisenwerk Wanheim, dessen Zentrale in Duisburg saß. Weber hat viele interessante Details und Informationen über die Schicksale der Menschen zusammengetragen. Im September 1944 wurde dort ein sowjetischer Zwangsarbeiter „auf der Flucht“ mit vier Schüssen getötet, zwei weitere wurden in Konzentrationslager deportiert.
- Schöneberg Museum, Hauptstraße 40/42, Donnerstag 14. Juli, 18 Uhr, Anmeldungen unter: museum@ba-ts.berlin.de oder telefonisch 030/90277 6163. museen-tempelhof-schoeneberg.de Am Samstag, 23. Juli 2022 bietet Kathrin Misterek um 16 Uhr eine Führung auf dem Tempelhofer Feld an. Anmeldung: museum@ba-ts.berlin.de oder 030 / 90 277 6163. Der Treffpunkt wird bei Anmeldung bekannt gegeben. Die komplette Reihe finden Sie unter ns-zwangsarbeit.de/veranstaltungen