Nachbarschaft

Veröffentlicht am 28.05.2019 von Judith Langowski

Mohannad Nasser, Oud-Spieler.

Wie gefällt Ihnen Berlin? Berlin gefällt mir sehr gut, die Stadt hat mich herzlich Willkommen geheißen. Meine Frau und ich leben in Tempelhof, seit drei Monaten nun, beim Einzug haben uns die Nachbarn Gebäck und Kuchen gebracht. Syrien habe ich 2015 verlassen, nachdem ich mein Studium am Konservatorium in Damaskus abgeschlossen hatte. Ich musste weg, sonst hätte ich Militärdienst leisten müssen.

Wann haben Sie angefangen das sehr traditionelle Oud-Instrument zu spielen? Ich begann schon als Kind damit. In Syrien, der Türkei, dem Iran, und anderen Ländern der Region wird überall Oud gespielt. Doch irgendwann wollte ich über die traditionelle Musik hinausgehen. Am Konservatorium hatte ich einen aserbaidschanischen Lehrer, der uns klassische Musik – Bach, Vivaldi, etc. – auf der Oud lehrte.

Nun spielen Sie in der Ufa-Fabrik Ihre eigenen Kompositionen. Welche Stile beeinflussen Ihre Musik? Nachdem ich aus Syrien floh, lebte ich einige Jahre im Libanon. Dann konnte ich zu meinem großen Glück mit einem Stipendium am Berklee College of Music in Valencia, Spanien, studieren. Das ist die Außenstelle der Universität, die eigentlich in Boston, USA, angesiedelt ist. Ich schloss einen Master in zeitgenössischer Musik ab und lernte viel Jazz. Und auch ein bisschen Flamenco-Gitarre. All diese Einflüssen sind Teil meiner Kompositionen. Ich mag keine festgefrorenen Identitäten sondern glaube an das Gute, das aus der Mischung entsteht. Ich bin gespannt, wie Tempelhof darauf reagiert.

Sie werden bei Ihrem Konzert von drei deutschen Jazzmusikern begleitet. Wie läuft Ihre Zusammenarbeit ab? Rolf Zielke (Klavier), Stephan Braun (Cello) und Rainer Winch (Drums) sind alle sehr professionell und berühmt in ihrem Fach. Für mich ist es neu und ungewohnt, mit Jazzmusikern zu spielen, aber es ist sehr besonders. Wir wollen noch weitere Projekte zusammen machen.

Im Libanon haben Sie syrischen Flüchtlingskindern Musikunterricht gegeben. Wie war diese Erfahrung für Sie? Meine Frau, die Juristin ist, hat eine NGO gegründet. Wir unterrichten syrische Flüchtlingskinder, ich habe Musikunterricht gegeben. Es gab einen Chor, bei dem syrische und libanesische Kinder zusammen sangen. Das war toll, weil sonst starke Spannungen den Alltag zwischen diesen beiden Gruppen bestimmen. Da es schwierig ist, die NGO von hier aus zu managen, planen wir, sie nach Berlin zu verlegen. Auch hier möchten wir mit und für die Einwanderer und Flüchtlinge Musikensembles, Chöre und Theater aufbauen.

Was gefällt Ihnen besonders gut an Tempelhof? Ich finde es super, direkt am Fluss zu wohnen. So kann ich vor der Haustür gut am Ufer entspannen. Tempelhof ist fast wie auf dem Land – letztens habe ich zwei Füchse gesehen! Und ein Eichhörnchen, zum ersten Mal in meinem Leben. Außerdem liebe ich natürlich den Flughafen Tempelhof. Hier gibt es so viel öffentlichen Raum. Das habe ich im Libanon sehr vermisst, wo alles Privatgelände ist. Natürlich schätze ich auch die Ufa-Fabrik sehr, die nur 200 Meter von unserer Wohnung entfernt ist. Viele Bekannte haben mir diese empfohlen. Aber ich trete dort nicht nur auf, sondern kann da auch mein Brot und Gemüse kaufen. Wie eine kleine Dorfgemeinschaft.

Wir verlosen 3×2 Karten für Mohannad Nassers Konzert in der Ufa-Fabrik am Freitag, 31. Mai, um 20 Uhr. Dafür müssen Sie sich bis spätestens morgen, Mittwoch, 12 Uhr, unter tagesspiegel.de/gewinnen registrieren mit dem Stichwort „Nasser“. Die Gewinner*innen werden von mir bis Mittwoch Abend persönlich benachrichtigt. Viel Glück! Karten für das Konzert kosten 17 Euro, ermäßigt 14. Weitere Infos hier: ufafabrik.de.

Auf Youtube können Sie mehrere Videos von Nassers Konzerten sehen, zum Beispiel die Komposition „Lost“, aufgeführt bei einem Oud-Festival in Katar: youtube.com. Mehr über Nasser finden Sie auch auf seiner Webseite: mohannadnasser.com.

Foto: Enzo Baudino

Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: leute-s.kneist@tagesspiegel.de