Nachbarschaft

Veröffentlicht am 12.05.2020 von Sigrid Kneist

Mechthild Rawert, SPD, ehemalige und künftige Bundestagsabgeordnete, Friedenau

Überraschend. Die Entwicklung kam für Mechthild Rawert doch sehr unerwartet. Ende des Monats wird die Sozialdemokratin wieder in den Bundestag einziehen. Sie rückt nach für Eva Högl, die am vergangenen Donnerstag vom Bundestag zur neuen Wehrbeauftragten gewählt wurde. Die parlamentarische Karriere Rawerts war mit der letzten Bundestagswahl im Herbst 2017 abrupt zu Ende gegangen. Sie verfehlte den Einzug ins Parlament. Sie stand damals nach einigen innerparteilichen Querelen auf dem fünften Platz auf der SPD-Landesliste. Der galt eigentlich immer noch als eine sichere Bank. Aber die SPD wurde nicht stark genug; die aus Friedenau kommende Rawert kam nicht mehr zum Zuge. Das Direktmandat in Tempelhof-Schöneberg, für das sie ebenfalls kandidiert und das sie einmal bei der Bundeswahl 2005 geholt hatte, verteidigte CDU-Mann Jan-Marco Luczak ziemlich souverän. Dieser hatte bereits 2009 den Wahlkreis gewonnen.

Langwierige Abwicklung. Rawert wurde 2017 kalt erwischt, hatte damit nicht gerechnet und war schwer enttäuscht. Es dauerte eine ganze Weile, bis sie alles, was mit der Abgeordnetentätigkeit zusammenhing, abgewickelt hatte. Das Büro musste aufgelöst werden, die Fachbücher sollten nicht in den Müll wandern, sondern Bibliotheken zugute kommen. „Die letzte Rechnung habe ich im Sommer 2019 bezahlt“, sagt Rawert. Es war die Handyrechnung, da der Vertrag eine lange Laufzeit hatte. Im März 2019 übernahm Rawert für ein Jahr ein Ehrenamt als Frauensprecherin beim Sozialverband Berlin-Brandenburg. Im Berliner SPD-Landesverband will sie demnächst für den Vorsitz der Arbeitsgemeinschaft „Selbst Aktiv“ kandidieren, die sich um die Belange von behinderten Menschen kümmert. Wie wichtig dieses Engagement sei, habe man jetzt beispielsweise auch beim Bemühen um barrierefreie Kommunikation in der Coronakrise gesehen, sagt Rawert: „Es hat gedauert, bis es Informationen in leichter Sprache gab oder auch Gebärdendolmetscher.“

Warten auf das Schreiben des Bundestags. Bisher hat Högl ihr Amt nicht angetreten und auch das Bundestagsmandat nicht zurückgegeben, deswegen ist Rawert auch noch keine Abgeordnete. Sie rechnet Ende Mai damit, wieder Parlamentarierin zu sein. Bis dahin möchte sie sich noch nicht zu Schwerpunkten oder möglichen Ausschüssen äußern. In ihren vorangegangenen Legislaturperioden gehörte sie dem Gesundheitsausschuss an und war pflegepolitische Sprecherin. Das Mandat wird die 62-Jährige jetzt knapp anderthalb Jahre ausüben. Eine erneute Kandidatur bei der Bundestagswahl im kommenden Jahr schließt sie aus. „Das habe ich schon bei der Wahl 2017 gesagt, dass dies meine letzte Legislaturperiode sein soll“, sagt sie. „Daran hat sich nichts geändert.“

Inzwischen gibt es ohnehin zwei prominente Aspiranten aus der SPD Tempelhof-Schöneberg, die in den Bundestag einziehen wollen: den Juso-Bundesvorsitzenden (und BVV-Verordneten) Kevin Kühnert sowie den Regierenden Bürgermeister Michael Müller. Und nur einer von beiden kann in diesem Wahlkreis antreten. Wer das sein wird, ist bisher offen; und welche Lösung es für den anderen geben wird, ebenfalls.

Text: Sigrid Kneist, Foto: privat

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