Nachbarschaft

Veröffentlicht am 16.11.2021 von Sigrid Kneist

Frederic Riedel, Kiezworker, Schöneberg

Die Apostel-Paulus-Kirche ist eine echte Landmarke im Akazienkiez. Der neogotische, rote Backsteinbau ist unübersehbar und eine der größten Kirchen in Berlin. Zwar wurde auch sie im Krieg beschädigt, aber nicht so schwerwiegend. Sie konnte weitgehend in ihrem früheren Zustand mit vielen Wandbildern erhalten werden. Die Kirche wurde einst als erste von vier Berliner Kirchen nach den Plänen des königlichen Baurats Franz Schwechten vollendet. Mehr zur Kirche können Sie hier auf der Seite der Gemeinde lesen.

Für alle offen. Die Apostel-Paulus-Kirche ist in einem weiteren Punkt besonders. Sie ist eine der ganz wenigen Kirchen in Berlin, die eigentlich täglich offen steht. Das ist der Gemeinde wichtig. Sie will sich nicht auf ihre eigenen Mitglieder beschränken, sondern auch in die Nachbarschaft  hineinwirken. Die Gemeinde will über die Gottesdienstbesucher hinaus auch andere Menschen erreichen.

Der Kiezworker. Und das gehört zu den Aufgaben von Frederic Riedel. Die Gemeinde hat ihn über das Senatsprogramm „Solidarisches Grundeinkommen“ als sogenannten Kiezworker angestellt. Über dieses Senatsprojekt werden sozialversicherungspflichtige, fair bezahlte Arbeitsplätze gefördert, die der Gemeinschaft zugute kommen sollen. Etwa Tätigkeiten in Kitas, Schulen, Nahverkehr oder in Nachbarschafts- und Kiezeinrichtungen.

Die Schöneberger Gemeinde meldete ihr Kiezworker-Projekt beim Senatsprogramm an, Riedel bewarb sich auf eine Stellenausschreibung. Seit anderthalb Jahren ist der 33-Jährige, der an der Viadrina in Frankfurt (Oder) Wirtschaft und Recht studiert hat und in der Lüneburger Heide aufgewachsen ist, dort jetzt angestellt. Zuvor war er arbeitslos und entsprechend frustriert. „Für mich war es ein Glücksfall.“ Seine Hauptaufgabe sieht er darin, Kirche und Kiez miteinander zu vernetzen. „Wir wollen nicht als Fremdkörper wahrgenommen werden“, sagt Riedel. Er ist inzwischen in der Öffentlichkeitsarbeit, bei der Betreuung und Koordination der in der Gemeinde tätigen Ehrenamtlichen und auch bei Veranstaltungen aktiv.

Ein wichtiger Pfeiler für die Kiezarbeit ist eben die jenseits von Gottesdiensten und Veranstaltungen offen stehende Kirche. Sie soll einladend sein, kein verschlossenes Bollwerk des Glaubens. In der Regel kann die Apostel-Paulus-Kirche täglich von 12 bis 18 Uhr besucht werden. Viele Menschen nehmen das Angebot wahr. Aus ganz unterschiedlichen Gründen. Einige suchen die Stille des sakralen Raums, wollen eine Kerze anzünden, ein wenig zur Besinnung kommen. Andere – Kunst- und Architekturstudenten beispielsweise – interessieren sich für das Bauwerk und seine Schöneheiten. Auch Touristen besichtigen die Schöneberger Kirche.

Wieder andere Besucher suchen vielleicht einfach einen Raum, um sich dort aufhalten zu können. Vielleicht brauchen sie jemanden zum Reden. Denn mitten im Schöneberger Kiez gibt es auch soziale Probleme. Um die Kirche auf diese Weise geöffnet zu lassen, braucht man Ansprechpartner und Aufsichtspersonen, helfende Hände. Es ist eben nicht damit getan, nur die Kirche aufzuschließen. Weiteres Personal dafür hat die Kirche nicht.

„Wir brauchen Ehrenamtler“, sagt Riedel. Wer sich für diese Aufgabe und auch den Besuchsdienst der Gemeinde bei älteren Mitgliedern interessiert, findet hier weitere Informationen: ev-apostel-paulus-kirchengemeinde.de. Bei Interesse an einer Mitarbeit kann man sich bei Frederic Riedel per Mail melden: frederic.riedel@gemeinsam.ekbo.de

Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: leute-s.kneist@tagesspiegel.de