Nachbarschaft

Veröffentlicht am 07.11.2023 von Sigrid Kneist

Claudia Holzwig, Bäckerei Brot Gut, Hochkirchstraße, Schöneberg

Der Duft von frischem Brot. Als Claudia Holzwig im Jahr 2006 in ihre Wohnung in der Hochkirchstraße in Schöneberg einzog, gehörte zu ihrem Mietvertrag auch ein Passus, dass sie bestimmte Gerüche, die in ihre Wohnung ziehen könnten, akzeptieren müsse. Von Geruchsbelästigung konnte man in diesem Fall nicht wirklich reden. Es handelte sich um den Duft von frischem Brot, Kuchen und anderen Backwaren. Im Vorderhaus gab es nämlich eine Bäckerei, die sich ihre Produkte eben nicht als Rohlinge liefern ließ und diese nur schnell aufbacken musste. Im Hinterhaus war die Backstube, und dort wurde jeden Morgen frisch gebacken. Was vor gut 100 Jahren seinen Anfang nahm, ist auch heute noch so.

Das Geschäft übernommen. Holzwig, gelernte Einzelhandelskauffrau, hat die Bäckerei Anfang dieses Monats von den Vorbesitzern übernommen. Auch das gesamte Team wird weiter dort arbeiten. Aus der Bäckerei „Seitz Brot & Wein“ wurde die Bäckerei „Brot Gut“. Als Holzwig seinerzeit nach Berlin kam und in das Haus zog, wurde sie schnell Kundin der Bäckerei, die von dem Ehepaar Walter und Renate Seitz insgesamt 24 Jahre betrieben wurde. Damals gab es noch keinen Gedanken daran, dass sie Backstube und Geschäft einmal weiterführen würde. Vor sechs Jahren suchte sie einen neuen Job, möglichst in der Nähe der Wohnung. Das Bäcker-Ehepaar Seitz suchte jemanden für den Laden. Holzwig konnte sich die Arbeit dort gut vorstellen. Es passte also, und sie tauchte ein ins Bäckereibusiness. Die heute 57-Jährige hatte zuvor Erfahrungen unter anderem im Biolebensmittelhandel gemacht, aber nicht im Backhandwerk.

Tradition und Neues. Die aus dem Fränkischen stammende Familie Seitz setzte auf traditionelle Rezepte für Brote und Kuchen. Diese kann Holzwig übernehmen. Der Klassiker bei den Broten „ist das gesunde und authentische Sauerteig-Brot ohne Zusatzstoffe, hergestellt mit Mehl direkt von der Mühle Steinmeyer in Luckenwalde“, wie Holzwig sagt. Bekannt ist auch der Bienenstich, dessen Füllung aus frisch gekochtem Vanillepudding besteht. Das Bäckerinnen-Team – eine Meisterin, zwei Gesellinnen – wird weiter das Bewährte backen, aber sich bestimmt mit der Zeit auch an neue Rezepte wagen. Wichtig ist Holzwig die Qualität des zu verarbeitenden Getreides und der anderen Zutaten, auch wenn sie aus Kostengründen nicht aus biologischem Anbau stammen. 

Nachwuchsbäcker. In diesem Herbst hat ein junger Syrer als Auszubildender in der Backstube angefangen. „Das ist in unserer Branche wie Goldstaub, einen Auszubildenden zu finden“, sagt Holzwig. Denn das Bäckerhandwerk ist schon relativ harte Arbeit, bei keiner besonders üppigen Bezahlung. Dazu kommt die Arbeitszeit. Der Bäckerberuf ist nichts für Langschläfer. Um drei Uhr morgens geht es in der Backstube los. Holzwig hat sich vorgenommen, diese Zeiten zu ändern. Sie möchte Arbeitsabläufe umorganisieren und es durch vorbereitende Arbeiten am Vortag möglich machen, dass der Betrieb in der Backstube erst später beginnt.Dann geht es dort vielleicht erst um fünf Uhr morgens los.

Zum Angebot der Bäckerei gehört ein Cafébetrieb im Laden. Draußen gibt’s auch einige Tische, sodass man dort bei gutem Wetter ebenfalls sitzen und frische Croissants, Kuchen oder sonstige Leckereien bei einer Tasse Kaffee oder Tee genießen kann. Mittags wird zudem eine Suppe angeboten, und auch Brötchen werden belegt. Manchmal nehmen auch Besucherinnen und Besucher des benachbarten Alten-Sankt-Matthäus-Kirchhofs dort Platz. Sie werden angelockt vom Duft frisch gebackenen Brots oder Kuchens, der weiterhin von der Backstube durch den Kiez zieht. – Foto: Privat

  • Bäckerei Brot Gut, Hochkirchstraße 10, Montag bis Freitag 7 bis 18 Uhr, Samstag 7 bis 13 Uhr. brot-gut.de