Nachbarschaft

Veröffentlicht am 09.04.2024 von Nora Tschepe-Wiesinger

Der Weg zum Reparatur-Café Mariendorf führt durch die Hintertür. Im Hinterhof eines unscheinbaren Mietshauses im Dirschelweg haben es sich Klaus-Peter, Norbert, Mateusz, Oliver, Lasse, Reinhard und Dagmar zur Aufgabe gemacht, alten und defekten Elektro- und Haushaltsartikeln, aber auch kaputten Fahrrädern oder Holz- und Textilprodukten ein neues Leben zu geben.

„Wir sind keine Konkurrenz zu traditionellen Reparaturwerkstätten“, sagt Reinhard Barnewold, gelernter Bau- und Wirtschaftsingenieur und Leiter und Koordinator des Reparatur-Cafés, das jeden ersten und dritten Donnerstag im Monat in Mariendorf stattfindet. Stattdessen wollen Barnewold und sein ehrenamtliches Team Hilfe zur Selbsthilfe für die Menschen im Kiez anbieten und gemeinsam mit ihnen Produkte reparieren, die andernfalls längst aussortiert und weggeschmissen worden wären.

Das Reparatur-Café leistet damit nicht nur einen wichtigen Beitrag in Sachen Nachhaltigkeit, sondern stellt auch einen Treffpunkt für die Menschen im Kiez dar. Ungefähr zehn Leute kommen zu jedem Termin in die Mariendorfer Werkstatt, erzählt Barnewold. Gemeinsam reparieren sie Handstaubsauger, Fahrradlampen, tauschen Handyakkus und – displays aus – es gibt nichts, was nicht zumindest versucht wird, wieder in den Gang zu kriegen.

Dazu gibt es Kaffee aus der selbstverständlich eigens reparierten Kaffeemaschine. „Das war mal eine defekte Spende an uns“, sagt Barnewold und lacht. Die Klassiker unter den zu reparierenden Geräten seien Küchen- und Haushaltsgeräte, Bügeleisen und Handmixer, bei denen die Thermo-Sicherung durchgebrannt sei. Manch einer bringe auch alte Video- und Kassettenrekorder mit, bei denen die Bänder ausgetauscht werden müssen. „Dafür braucht man viel Geduld“, sagt Barnewold. Rund zwei Stunden müssten pro Reparatur eingeplant werden. Die Erfolgsquote läge dafür aber bei 70 Prozent – ohne Garantie. „Gegebenenfalls ist das Gerät am Ende kaputter als vorher, aber das kommt selten vor“. Die Geräte müssen, egal in welchem Zustand, im Anschluss an die Reparatur wieder mit nach Hause mitgenommen werden.

Die meisten der Mariendorfer Hobby-Bastler:innen sind schon mehrere Jahre dabei, darunter auch der 84-jährige Klaus-Peter. Er erzählt, dass er schon als Kind seine Spielzeugautos auseinandergebaut habe, später habe er sich Vieles selbst beigebracht: Schweißen, Löten, Kabel verlegen. „Ich freue mich über jeden, der kommt und noch was lernen will“, sagt er. Die Möglichkeiten mit der riesigen eigenen Werkstatt seien in Mariendorf „extrem gut“. Barnewold ergänzt: „Bei uns kann man viel mehr machen, außer Elektro- und Elektronik-Reparaturen“. Mit dem vorhandenen Werkzeug kann zum Beispiel Metallgewinde geschnitten und Kunststoff geschweißt werden, es gibt auch einen 3D-Drucker und eine Holzwerkbank. Viele der Werkzeuge kommen von Ebay Kleinanzeigen oder von Wohnungsauflösungen, sind im Laufe der Jahre geschenkt oder gespendet worden. „Diese riesige eigene Werkstatt – das ist einmalig in Berlin“, sagt Barnewold stolz. Das Reparatur-Café in der Mariendorfer Werkstatt gibt es seit 2017, seit Mai 2022 gehört es zum Heimatverein des Steglitz Museums.

Seit kurzem kann in der Werkstatt unter der Aufsicht von Dagmar, die gelernte Schneidermeisterin ist, auch genäht werden. „Wir wollen keine reine Männerveranstaltung sein“, betont Reinhard Barnewold. Er würde sich freuen, wenn sich noch mehr Ehrenamtliche zum Reparieren finden, gerne auch Frauen. Auch sei er offen für weitere Formen der Reparatur, zum Beispiel für das Reparieren von Keramik.

  • Eckdaten: Das Reparatur-Café Mariendorf findet jeden 1. und 3. Donnerstag im Monat von 16 bis 20 Uhr in der Werkstatt im Hinterhof im Dirschelweg 1, 12109 Berlin statt. Wer etwas reparieren möchte, vereinbart Dienstag bis Donnerstag von 13 bis 17 Uhr einen Termin unter 0308332109 oder per E-Mail an werkstatt.dirschelweg@gmx.net.
  • Fotos: Nora Tschepe-Wiesinger; (1) Hier wird gemeinsam ein defekter Nasssauger repariert (2) Mateusz, Norbert und Lasse beim gemeinsamen Kaffeetrinken und Werkeln (3) Klaus-Dieter ist mit 84 Jahren der älteste Hobby-Bastler in Mariendorf.
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