Intro

von Thomas Loy

Veröffentlicht am 22.10.2018

wie halten Sie’s mit der AfD? Viele Nachbarn haben die Partei gewählt, aus den unterschiedlichsten Gründen, hängen aber keine Deutschlandfahne aus dem Fenster, bleiben lieber anonym, scheuen das offene Bekenntnis. Das ist ihr gutes Recht. Aber wie geht man mit Nachbarn um, die sich als AfD-Sympathisant zu erkennen geben? Und wie mit den AfD-Politikern aus dem Kiez?

Eine anonyme Gruppe, die wohl aus dem Antifa-Spektrum kommt, hat da einen konkreten Vorschlag, den AfD-Politiker Wolfgang Holzhausen betreffend. „Zeigen Sie Wolfgang Holzhausen, dass Sie damit nicht einverstanden sind. Ein Paket für ihn annehmen? Muss ja nicht unbedingt sein. Eine Bohrmaschine ausleihen? Nun vielleicht können Sie die gerade nicht finden. Lärm nach 10? Sie müssen wahrscheinlich nun wirklich früh arbeiten. Ein freundliches Hallo im Hausflur? Möglicherweise haben Sie ihn ja nicht gesehen.“

Klar, dass die AfD sich gegen diese „feige Verleumdungsaktion“ wehrt. Das ist stark übertrieben und zeigt vor allem, wie sehr die AfD auf Spaltung setzt und ihre Opferrolle inszeniert. Der 68-jährige Holzhausen wähnt sich gar in das Unrechtsregime der DDR zurückversetzt: „Meine Familie und ich wurden schon einmal Opfer politischer Verfolgung und hatten das Glück einer Inhaftierung durch das SED-Regime nur durch Flucht zu entgehen.“

Die Verantwortlichen der AfD sollten die „Konsequenzen ihres Handelns zu spüren bekommen“, heißt es in dem Aufruf an Holzhausens Nachbarn. Im Alltag, bei Kleinigkeiten. Das Ziel: Ausgrenzung aus der Gemeinschaft, Abstrafung für die falsche Gesinnung. Leider ist diese Strategie unter den bisher gescheiterten Strategien im Umgang mit der AfD die dümmste und kurzsichtigste. Ausgrenzung ist das Geschäft der AfD in ihrem Feldzug gegen Muslime und Migranten. Mit AfD-Nachbarn sollte man sich über Politik und Politiker streiten, um anschließend die Bohrmaschine auszuleihen.

Thomas Loy, aufgewachsen an der Küste (Nordsee), zog 1995 nach Berlin und wohnt mit seiner Familie seit zehn Jahren in Johannisthal. Wenn Sie Anregungen, Kritik, Wünsche, Tipps haben, schreiben Sie ihm bitte eine E-Mail an leute-t.loy@tagesspiegel.de