Intro

von Thomas Loy

Veröffentlicht am 24.08.2020

diverse Monster und Außerirdische tummeln sich in den abgelebten Hallen, und ein selbstzufriedener Donald Trump mit weiß geschminkter Mundpartie und roter Nase „Make Clowns great again“ (Foto). Die Bärenquell-Brauerei in Niederschöneweide ist ein Street Art Museum, das bislang für die Öffentlichkeit verschlossen blieb. Bis auf die Graffiti-Sprayer und Lost Places-Touristen, die sich ihren Weg über Mauern und Zäune bahnen.

Ofer Hava, Investor aus Israel, hat sich vorgenommen, die Brauerei-Ruinen aus Backstein und Gusseisen in ein hippes Stadtquartier zu verwandeln, mit innovativen Start-ups, einem Uni-Campus, viele Gastronomie, Clubs und sogar einer Off-Broadway-Show, und dabei will er möglichst viel alten Industrie-Krempel samt Graffiti-Kolorit bewahren, denn daraus speist sich der Berlin-Spirit, der junge Leute zu Tausenden an die Spree lockt. Zumindest war es vor Corona so.

Vier Hektar misst das Gelände, und von den alten Verwaltungsgebäuden und Hallen, die in den vergangenen 25 Jahren Leerstand schwer gelitten haben, sollen 70 Prozent erhalten bleiben – deutlich mehr als unter Denkmalschutz stehen. Eigentlich sind fast alle begeistert von Havas Konzept, wenn auch etwas ungläubig, ob das funktionieren kann mitten im großformatigen Auto-Shopping-Discount-Quartier an der Schnellerstraße. Hava glaubt, dass sich sein Konzept irgendwann auch in der Nachbarschaft durchsetzen wird, wegen der Nähe zu Schönefeld und dem Flächenhunger der Stadt. „Das hier ist die Zukunft der Stadt“, sagt sein Masterplaner, der Architekt Sergei Tchoban, „nicht Charlottenburg.“

Wegen Corona hat sich nun einiges verzögert, die Broadway-Show konnte nicht vertraglich gebunden werden, auch, weil es an einer wichtigen Baugenehmigung fehlt. Das Bezirksamt möchte erst den neuen Bebauungsplan abwarten, bevor weitere Genehmigungen für Neubauten auf dem Gelände erteilt werden. Doch Hava macht Druck, er braucht Sicherheiten für die Geldgeber und die Mieter, die er nach Schöneweide holen will, darunter die Akkon-Hochschule für Gesundheits- und Pflegeberufe. Auch die benachbarte Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) würde Hava gerne über die Spree locken.

Garantien fürs Bezirksamt. Am Donnerstagabend tagte der Bauausschuss in der ehemaligen Flaschenabfüllhalle (dort lungert auch Clown Trump herum). Die Verordneten signalisierten dem Investor ihre Unterstützung, wenn er sich vertraglich verpflichte, das Vorhaben im Sinne des B-Plans zu Ende zu führen (und sich nicht ein paar Rosinen herauszupicken, um dann den Rest wieder zu verkaufen). Es gehe um „Garantien“, sagte mir der Vorsitzende des Bauausschusses, Uwe Doering (Linke) am Freitag. Wie die aussehen könnten, müssten sich die Juristen im Bezirksamt überlegen. Im September soll das Thema Bärenquell im Ausschuss erneut auf die Tagesordnung.

Thomas Loy, aufgewachsen an der Küste (Nordsee), zog 1995 nach Berlin und wohnt mit seiner Familie seit zehn Jahren in Johannisthal. Wenn Sie Anregungen, Kritik, Wünsche, Tipps haben, schreiben Sie ihm bitte eine E-Mail an leute-t.loy@tagesspiegel.de