Kiezkamera
Veröffentlicht am 19.03.2018 von Thomas Loy

Ein Flügel war das letzte Mobiliar des Großen Saales im Grünauer Gesellschaftshaus, so fand ihn Restaurator Ulrich Schneider, als er im vergangenen Jahr zum ersten Mal den Saal betrat. Schneider hat das Bauwerk für den neuen Eigentümer Terragon untersucht. Offenbar hatte der alte (Familie Erdem, die alles verfallen ließ) keine Verwendung für das Instrument, wahrscheinlich ist es längst Schwamm und Würmern zum Opfer gefallen. In den Großen Saal werden Wohnungen eingebaut, von der prachtvollen Dekadenz der Kaiserzeit zeugt künftig allenfalls die äußere Hülle.
Die großen Säle von Riviera und Gesellschaftshaus in Grünau waren ursprünglich weiß gestrichen, mit wenigen goldenen (bronzierten) Akzentuierungen auf einigen Stuckelementen. Fünf bis sechs Mal wurde das Weiß später überstrichen, oder mit einer „Riviera-Landschaft“ aus „etwas wurstigen Palmen“ übermalt, sagte Restaurator Schneider bei einer Veranstaltung im Bürgerhaus Grünau. Für die denkmalgerechte Rekonstruktion des Riviera-Saales werden sich Bauherr, Denkmalarchitekt Eric van Geisten, Restaurator Schneider und Denkmalamt wohl auf das ursprüngliche Weiß mit „Vergoldungen“ verständigen, deutete van Geisten an. Auch die Fassaden werden rekonstruiert, also in ihrer ursprünglichen Gliederung und Profilierung mit Simsen und Pilastern wiederhergestellt, die nach dem Krieg abgeschlagen worden waren.
Im Mai beginnt eine Foto-Ausstellung mit großformatigen Aufnahmen aus dem Innern der Ruinen, die man auch kaufen kann (gedruckt auf Acrylglas). Der Erlös soll dem Bürgerhaus zugute kommen. Restaurator Schneider hat viele Wochen in den Gebäuden verbracht, um alte Farbgebungen und Original-Bauteile zu untersuchen. Einige musste er erst von dicken Mörtelschichten befreien.
Mehr Bilder legendärer Ausflugslokale an der Dahme sind hier bei uns online zu sehen: tagesspiegel.de
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