Kultur
Kunstschaffende atmen auf: Die Treptow-Ateliers haben ein neues Zuhause gefunden – doch die Lage bleibt prekär
Veröffentlicht am 08.05.2023 von Julia Schmitz
Berlin mag seine Kunst- und Kreativszene weiterhin als touristisches Aushängeschild nutzen, Fakt ist aber auch: Die Räume, in denen Künstlerinnen und Künstler ihrer Arbeit nachgehen können, werden immer weniger. Häuser werden verkauft, Mieten sprunghaft erhöht, Ausweichorte sind nur schwer zu finden. Die Situation ist prekär: Allein in Oberschöneweide sind derzeit über 100 Kunstschaffende von Verdrängung bedroht.
Um sich dem Ateliersterben gemeinsam entgegenzustellen und Interessen und Bedarf der Kunstschaffenden gegenüber der Politik deutlich zu machen, haben sich verschiedene Atelierhäuser und Einzelpersonen aus Treptow-Köpenick vor ein paar Monaten zu einem Netzwerk zusammengeschlossen. Zu den Organisatoren gehört auch Sebastian Körbs, Sprecher der Treptow-Ateliers.
Nachdem die Ateliergemeinschaft 2018 aus ihren Räumen in der Mörikestraße rausgemusst hatte, fanden sie eine befristete Unterkunft in der Wilhelminenhofstraße 83-85. Auch die mussten sie Anfang Januar räumen, ohne einen neuen Platz gefunden zu haben. Jetzt sind sie, nach langer Suche, in der Wilhelminenhofstraße 76/77 untergekommen.
„Von 2018 bis 2019 haben wir circa 70 Objekte geprüft und bis jetzt noch einmal 20 weitere. Doch entweder waren sie zu klein, zu teuer, hatten schlechte Mietkonditionen oder wir hätten sehr viel investieren müssen, um daraus Ateliers zu machen. Teilweise waren die Objekte aber auch einfach nicht als Ateliers nutzbar oder die Vermietung wollte keine KünstlerInnen“, erzählt Körbs.
Das neue Atelierhaus ist mit 300 Quadratmetern nur ein Drittel so groß wie die vorherigen Räumlichkeiten, die Ateliers teilweise nur halb so groß, aber doppelt so teuer. Nur ein Teil der Kunstschaffenden könne sich das leisten, die anderen würden jetzt von zu Hause arbeiten. Das widerspricht dem Anliegen des Treptow-Ateliers e.V., bezahlbare Räume für alle anbieten zu können.
Im Bezirk waren sie nicht die einzigen, die sich eine neue Bleibe suchen mussten. Fast 50 Prozent der hier ansässigen Künstlerinnen und Künstler sind akut bedroht, hat das Netzwerk ermittelt. Manche Ateliergemeinschaften befinden sich in Verhandlungen mit den Eigentümern, manche wissen bereits, dass sie ausziehen müssen.
Zwar können Kunstschaffende als Einzelpersonen Stipendien und Unterstützung vom Senat bekommen, eine strukturelle Förderung von Atelierhäusern gibt es hingegen nicht. Es bleibe die Frage, sagt Körbs, ob Berlin noch Kreativhauptstadt sei. „Gibt es die berühmte ‚Berliner Mischung‘ überhaupt noch?“