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Loveparade-Gutachter vermittelt im Streit um die Dörpfeldstraße

Veröffentlicht am 24.01.2022 von Thomas Loy

Eine weit entfernt waltende Koryphäe einzuladen, um den verfahrenen Streit um die Zukunft der Dörpfeldstraße zu schlichten, hat sich als Glücksgriff erwiesen. Der an der Uni Wuppertal lehrende Verkehrssicherheitsexperte Jürgen Gerlach, bekannt geworden als Gutachter im Prozess um die Loveparade-Katastrophe von Duisburg, stellte am vergangenen Mittwoch per Videoschalte seine Ideen zur künftige Straßengestaltung vor – und stieß auf eine breite Zustimmung. Zu den bekannten Planungsvarianten ABC und E gesellte er eine weitere, die Gerlach-Variante, also G.

Tempo 30 auf der gesamten Strecke. Der Straßenraum der Dörpfeldstraße ist nur zwischen 14,9 bis 18,35 Meter breit, zu wenig Platz, um alle Verkehrsformen optimal zu berücksichtigen, befand Gerlach, das ginge nur, wenn die Straße 30 Meter breit wäre. Gerlachs Prämissen: Rad- und Fußverkehr sollen und werden zunehmen, der Autoverkehr soll abnehmen, um möglichst 50 Prozent. Auf der gesamte Strecke soll maximal Tempo 30 gelten. „Die BVG hat schon 30 km/h auf der gesamten Strecke zugestimmt.“

Nicht weghupen lassen. Günstig sei der geringe Anteil des Schwerverkehrs in der Straße. Und die schon jetzt relativ hohe Zahl an Radfahrern, 1500 in 24 Stunden, „das ist schön“, die meisten davon seien schnell unterwegs, also keine Freizeitfahrer. „Die Dörpfeldstraße hat Potenzial, habe mich dort sehr wohl gefühlt“, sagte Gerlach. Aber es gebe natürlich Verbesserungsbedarf: Das „Hinstellen von Fahrzeugen, überall, das muss sich ändern.“ Der Gehweg müsste verbreitert und das Parken darauf ein Tabu werden. „Mich hat an der Sparkasse ein Auto weggehupt“, obwohl er auf dem Gehweg stand – eine Aufforderung, dem Auto als vorrangigem Verkehrsmittel Platz zu machen. Gerlach findet diese Szene symptomatisch. „Ich bin aber nicht weggegangen.“

Variante Gerlach: Schutzstreifen für Radfahrer. Und was sagt er zu den verschiedenen Planungsvarianten? „Keine Variante hat mir wirklich gefallen.“ Ein gemeinsamer Geh- und Radweg passe schlecht, weil die Radfahrer zu schnell unterwegs sind. Ein schmaler „Aufmerksamkeitsstreifen“ für Radfahrer sei auch unfallträchtig, weil Radfahrer sich gegenseitig überholen müssten. „Es bleibt nur noch eine Lösung: Der sogenannte Schutzstreifen.“ Abgegrenzt durch eine gestrichelte Linie, die nur in Ausnahmen überfahren werden darf, mit grüner oder roter Markierung. Mindestbreite: 1,5 Meter. „Das ist eine relativ sichere Lösung“ in engen Straßen. Abstand bis zum äußeren Tramgleis: 2,1 Meter, „eine ideale Breite zum Überholen“ von langsameren Radfahrern.

Flanierzone für Fußgänger: 2,5 Meter. Das „Lichtraumprofil“ der Straßenbahn (5,5 Meter), zugleich der Fahrbahnbereich der Autos, soll durch eine weitere Markierung gekennzeichnet werden, um Autofahrer vom Falschparken abzuhalten. Je 2,5 Meter bleiben für die Gehwege als Mindestbreite. An der breitesten Stelle der Straße könnten die Gehwege auf 4 bis 5,8 Meter anwachsen. In den Haltestellenbereichen sollen die Schutzstreifen verschmälert werden, damit hier kein Radfahrer überholt. Die Straßenbahnen könnten von erhobenen Bordsteinen barrierefrei erreicht werden.

Tempo 20 am Marktplatz. Gerlach schlägt vor, die Straße Süßer Grund kurz vor der Dörpfeldstraße für autofrei zu erklären: „Ich würde sie zumachen“, um dort eine neue Straßenquerung anzubieten. Die Dörpfeldstraße sollte im Bereich des Marktplatzes zu einer Begegnungszone werden und optisch so gestaltet sein, dass sie sichtlich zum Platz gehört, dort würde dann Tempo 20 gelten.

Unterstützung der Verwaltung. Der Amtsleiter für Straßen- und Grünflächen, Mathias Glüsenkamp, erklärte die Unterstützung der Verwaltung für Gerlachs Vorschlag, es sei „eine für alle Verkehrsarten praktikable Variante“.  Der Amtsleiter geht davon aus, dass auch die Senatsverwaltung für Verkehr dieser Variante folgen könne. Baubeginn sei voraussichtlich 2025.

Kiezbeirat sieht noch offene Fragen. Bauliche Elemente wie bepflanzte Kübel wären gut, um das Falschparken auf dem Gehweg zu unterbinden, sagte Saskia Rasper vom Kiezbeirat. Die Verteilung der Tram-Haltestellen sei noch nicht optimal. Eine Querungshilfe an der Alten Schule wäre sinnvoll. Ansonsten befürwortet auch der Kiezbeirat die Vorschläge von Gerlach, vor allem die Begegnungszone am Marktplatz: „Wir gehen also davon aus, dass diese Variante nun weiter verfolgt wird.“

  • Foto Gerlach: Barbro Roensch-Hasselhorn
  • Simulation Straße: Gruppe Planwerk, Entwurf Prof. Dr. Gerlach, Januar 2022

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