Nachbarschaft
Veröffentlicht am 04.06.2018 von Thomas Loy

Kai „Raws“ Imhof, 27, Urban-Art-Künstler aus Oberschöneweide.
Irgendwann werden sich die Menschen an den Kopf fassen, dass Grafitisprühen mal illegal war, die Sprayer als Schmierfinken galten und Hausbesitzer eine Menge Geld ausgaben, um die großformatigen Gang-Kürzel (Tags) wieder loszuwerden. Spätestens dann, wenn Sammler für das Frühwerk internationaler Graffiti-Stars Millionenbeträge ausgeben würden – wenn nicht alles restlos entfernt worden wäre.
Graffiti ist ein malerisches Dilemma: Die Freiheit sich über das Gesetz zu stellen, im Dienste der künstlerischen Selbstdarstellung, ist mit der Gewissheit verbunden, dass das Kunstwerk bald verschwunden sein wird. Oder in den Augen vieler Betrachter gar keins war, sondern Ausdruck einer rebellischen Jugendkultur. Für Kai Imhof, der mit „Urban-Art“, also Graffiti für den Connaisseur, inzwischen seinen Lebensunterhalt verdient, lässt sich zwischen den mit Großbuchstaben beschmierten S-Bahnen und den Street-Art-Festivals „The Haus“ in Schöneberg oder Wandelism keine klare Trennlinie ziehen. Graffiti ist auf dem Kunstmarkt angekommen und zieht seine kreativen Energien weiterhin aus den wilden nächtlichen Sprühaktionen von Jugendlichen, an denen sich Imhof früher selbst beteiligte.
Imhof wohnt und arbeitet in Oberschöneweide, das mit seinen Ateliers und Kreativschmieden inzwischen viele junge Künstler anzieht. Geboren ist er in Königs Wusterhausen, aufgewachsen in Altglienicke und Grünau, gelernt hat er Grafikdesign. Sein soziales Netzwerk aus Familie und Freunden hält ihn in TreKö, zwischendurch reist Imhof aber quer über den Globus, um seine Kunst auf Street-Art-Festivals vorzustellen, unter dem Szene-Kürzel Raws. Seine expressiven Bilder, die es auch auf Leinwand gibt, bedienen sich neben Graffiti weiterer Stilrichtungen moderner Kunst, einige Kostproben unter rawsone.com oder auf Instagram.
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