Nachbarschaft
Veröffentlicht am 06.08.2018 von Simone Jacobius
Horst Posingies (68) – ehrenamtlicher Greeter und Stern des Monats August.
Wenn ich sage, dass ich ehrenamtlich als Greeter arbeite, ruft das bei den meisten Menschen nur ein Achselzucken hervor. Greeter heißt wörtlich übersetzt Begrüßer, weniger wörtlich ehrenamtlicher Fremdenführer. Die Idee stammt aus den 80-er Jahren. Eine New Yorkerin hatte sich über das schlechte Image ihrer Heimatstadt geärgert und wollte das ändern. Sie bot Tourist_innen Stadtführungen an, bei denen sie die Stadt mit den Augen einer Einheimischen sehen sollten. Eine Idee, die mittlerweile in vielen Ländern angekommen ist, auch in Deutschland. Ich bin seit fünf Jahren bei den Berlin Greetern aktiv. In dieser Zeit bin ich rund 80 Mal mit Gästen in der Stadt unterwegs gewesen. Meist waren es zwei, aber auch schon mal vier oder fünf. Sie kamen aus allen Ecken der Welt, viele auch aus Deutschland. Die Besucher_innen schicken eine Mail an unser Berliner Büro, mit Reisezeitraum, Alter, Sprache, Interessen. Wir Greeter bewerben uns dann für den Greet und nehmen per Mail Kontakt zu den Gästen auf. Ich weiß also im Vorfeld, wofür sich die Gäste interessieren und kann mich darauf einstellen.
Viele Gäste fragen nach dem Ost-West-Thema, wollen wissen, wie ich den Mauerfall erlebt habe. Da ich mich sehr für Geschichte, auch Architekturgeschichte, interessiere, gehe ich mit ihnen gern zu alten wilhelminischen Bauten. Amerikaner_innen wollen sich oft über jüdisches Leben in Berlin informieren. Generell interessieren sich die Tourist_innen dafür, wie man heute in Berlin lebt. Da gehe ich mit ihnen in den Wrangelkiez, einen Hot-Spot der Gentrifizierung. Meist sind wir zwei, drei Stunden unterwegs. Manchmal trinken wir danach noch einen Kaffee. So entstehen persönliche Kontakte, die zum Teil heute noch Bestand haben. „Komm als Gast, werde ein Freund“, ist unser Motto. Momentan können wir nur 30 bis 40 Prozent der Anfragen beantworten, wir suchen also noch Mitstreiter_innen. Gern auch Berliner_innen, die andere Sprachen als Englisch sprechen. Es macht Spaß, ein Botschafter dieser Stadt zu sein.
Kontakt: berlin-greeter.org / info@berlin-greeter.org
Autorin: Claudia Berlin
Foto: Reginald Gramatté
Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: leute-t.loy@tagesspiegel.de