Nachbarschaft

Veröffentlicht am 05.08.2019 von Thomas Loy

12 Newsletter, 12 Portraits. Jede Woche stellen wir einen Menschen in unseren Bezirksnewslettern vom Tagesspiegel vor. Heute aus Treptow-Köpenick: Stefan Voigt, 49, Revierförster für Wuhlheide und Plänterwald

1200 Hektar umfasst sein Revier, doch ein Großteil davon liegt außerhalb von Berlin, auf den ehemaligen Stadtgütern bei Schönefeld und Großbeeren. Stefan Voigt legt täglich etwa 100 Kilometer mit dem Auto zurück, zwischen seinen Revieren und zu Terminen bei Behörden. Hinzu kommen rund zehn bis 15 Kilometer zu Fuß, derzeit zumeist über trockenes Laub und Kleingeäst aus dem Rekorddürresommer 2018. In diesem Jahr sei die Trockenheit gar nicht so extrem, erklärt Voigt. Die toten Birken seien schon im letzten Sommer irreversibel geschädigt worden.

Das Klischee des einsamen Försters hat mit seinem Alltag wenig zu tun. Voigt kümmert sich vor allem um die Sorgen von Waldanrainern über die Standsicherheit von Bäumen, die Waschbärplage und den Eichenprozessionsspinner. Dass keine Bäume oder Äste auf Wanderwege oder Straßen fallen, ist sein Hauptaugenmerk, ansonsten muss er leider konstatieren, dass die Müllentsorgung im Wald weiter zugenommen hat. Holzeinschlag ist eher nicht sein Thema, wegen der vielen Unwetter sei so viel „Schadholz“ in den deutschen Wäldern, dass sich das Bewirtschaften kaum noch lohne. Viele gefällte Bäume lässt er einfach liegen, als Ressource für die Insektenwelt, das entspreche auch der gegenwärtigen Doktrin der Forsten, einen Urwald nachzubilden, im richtigen Mischungsverhältnis von Laub- und Nadelwald.

Zum Wunsch vieler Hundebesitzer, ein Auslaufgebiet im Wald einzurichten, will sich Voigt nicht äußern. Das sei Sache der Forstleitung, eine „Entscheidung auf oberster Ebene“. Es gebe eben einen „massiven Besucherdruck“ in den Wäldern Berlins und eine wachsende Zahl von Hundebesitzern. Die einen hielten sich an die Regeln, andere ließen ihre Tiere überall frei laufen, auch wenn Kinder in der Nähe sind. „Ich verweise dann immer auf die Auslaufgebiete im Grunewald“, aber ihm sei schon klar, dass sich nur die wenigsten auf den weiten Weg machen. Leinenpflicht und korrekte Müllentsorgung gehören zu den amtlich festgesetzten Berliner Regeln, gegen die am häufigsten verstoßen wird. Bei der Leinenpflicht werden nur sporadisch Ordnungsgelder verhängt, in TreKö wurden seit Anfang des Jahres 61 Verwarnungsgeld- und 17 Bußgeldbescheide erlassen „wegen Verstoß gegen die Leinenpflicht in Grünanlagen“, das ergab eine Anfrage des Grünen-Abgeordneten Stefan Taschner. In anderen Bezirken sind die Zahlen ähnlich. Nur fünf Hundehalter haben sich so genannte Sachkundebescheinigungen ausstellen lassen, die sie von der Leinenpflicht befreien.

Voigt stammt aus einer thüringischen Försterfamilie, schon sein Großvater habe den Beruf ausgebübt – und seinen Enkel in die Geheimnisse des Waldes eingeführt. 1986 fing Voigt als Facharbeiter bei den Berliner Forsten an, später studierte er Forstwirtschaft in Eberswalde, seit zehn Jahren leitet er jetzt die Revierförsterei Wuhlheide. Trotz aller problematischen Zeitgeisterscheinungen macht ihm das „Gesamtpaket“ seiner Arbeit weiterhin viel Spaß – „man sieht, was man schafft“.

Wer Stefan Voigt sprechen möchte, sollte vorher eine Mail mit seinem Anliegen schicken und anschließend zur Sprechstunde kommen oder einen Termin vereinbaren. Vielleicht hat man aber auch Glück und trifft den Förster unterwegs in seinem Wald. Mail: stefan.voigt@senuvk.berlin.de – Text: Thomas Loy
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