Nachbarschaft
Veröffentlicht am 14.09.2020 von Thomas Loy

Er ist diplomierter Gartenbauingenieur und Chef von 60 Mitarbeitern. Holger Zahn wollte in diesem Jahr den 300. Geburtstag der Späth’schen Baumschulen, dem ältesten produzierenden Betrieb Berlins, gebührend feiern, doch wegen Corona mussten im Frühjahr viele Veranstaltungen ausfallen. Am kommenden Wochenende, 19. und 20. September, sollen an der Späthstraße in Baumschulenweg endlich echte Jubiläumgsgehölze und Traditionsstauden feilgeboten werden. Am vergangenen Donnerstag wurde schon eine Späth-Erle, eine eigene Züchtung aus dem Jahr 1908, im Großen Tiergarten gepflanzt, im Beisein von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU). Die Erle gehört zu den trockenresistenten Bäumen, die dem Klimawandel trotzen sollen.
300 Jahre Späth’sche Baumschulen werden ausgerechnet im Coronajahr gefeiert. Wie hat die Pandemie das Unternehmen durcheinander gewirbelt?
Die Späth‘schen Baumschulen haben die Pandemie bis jetzt im Großen und Ganzen gut überstanden. Ärgerlich ist aber, dass eigentlich das ganze Jahr verschiedene Veranstaltungen unter dem Motto des 300. Jubiläums laufen sollten. Das war durch die Pandemie leider nicht möglich. Unser Jubiläumsmarkt wird deshalb auch ohne den feierlichen Festakt stattfinden, wie wir ihn ursprünglich geplant hatten. Es wird aber einen großen und vielfältigen Gartenmarkt auf unserem historischen Gelände geben.
Im Frühjahr mussten viele zu Hause bleiben, haben sich um ihren Garten gekümmert. Das müsste das Kerngeschäft der Baumschule doch erheblich stimuliert haben?
Ja, das stimmt. Wir hatten im Frühjahr einen sehr guten Pflanzenverkauf. Dadurch waren wir in der Lage, die Ausfälle im Garten- und Landschaftsbau oder auch in unserer Gastronomie auszugleichen.
In den letzten Jahren hat sich Späth immer stärker zur Event-Baumschule entwickelt, mit vielen Themenmärkten, regelmäßigen Weinproben und einer Märchenhütte. Es gibt sogar einen Tanzkurs. Wird sich dieser Trend fortsetzen?
Natürlich werden wir unseren Standort weiter als eine grüne Oase und kulturelles Zentrum in der Stadt entwickeln. Neu ist zum Beispiel, dass sich neben dem großen BVG-Blasorchester jetzt zwei weitere Orchester auf unserem Gelände niedergelassen haben und unsere Veranstaltungen musikalisch begleiten werden. Wir haben räumliche Möglichkeiten, durch die sich Gartenbau und Kultur sehr gut verbinden lassen.
Wegen des Streits um Straßenreinigungsgebühren hat die Baumschule viele Flächen abgeben müssen. Mit der wachsenden Stadt rücken Straßen und Häuser immer näher an die Baumschule heran. Wie lange wird es Späth am historischen Standort noch geben?
Wir wollen auch die 400 Jahr-Feier hier begehen! Natürlich steht dann nicht mehr die Produktion von Pflanzen im Mittelpunkt des Berliner Standorts. Wir sind seit geraumer Zeit dabei, unsere Produktion in Brandenburg auszuweiten. Für die Zukunft von Späth ist aber von entscheidender Bedeutung, dass wir unseren historischen Standort in Treptow als Gewerbehof für den Baumschulenbetrieb und weitere grüne Branchen erhalten.
Wie konnte sich die Baumschule überhaupt über 300 Jahre hinwegretten – zwischen 1720 und 2020 liegen mindestens drei europäische und zwei Weltkriege?
Gehölze und damit auch die Gärtnerinnen und Gärtner werden immer gebraucht. Nach jedem Einbruch gab es ein großes Hoch. Wenn man die schwierigen Zeiten, wie in der jüngeren Vergangenheit die Treuhandzeit, durch Flexibilität und Freude an der Arbeit gemeinsam übersteht, gibt es immer eine Zukunft.
Wie sind Sie auf den Chefsessel dieses Traditionsunternehmens gekommen?
Ganz einfach – durch Zufall. Ich war immer zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort und war bereit, Verantwortung zu übernehmen.
Was verbindet Sie sonst noch mit Treptow-Köpenick?
Treptow ist seit 33 Jahren meine Heimat und seit 155 Jahren die Heimat der Baumschule Späth. Ich persönlich kann mir Treptow-Köpenick nicht ohne diese in Deutschland und Europa einmalige Tradition vorstellen. Ich hoffe, es geht vielen Berlinerinnen und Berlinern ebenso. – Foto: Daniela Incoronato
Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: leute-t.loy@tagesspiegel.de
+++ Dieser Text von Thomas Loy erschien zuerst im Tagesspiegel-Newsletter für Treptow-Köpenick. Die Tagesspiegel-Newsletter für die einzelnen 12 Berliner Bezirke gibt es kostenlos und in voller Länge unter leute.tagesspiegel.de +++
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