Nachbarschaft
Veröffentlicht am 15.03.2021 von Thomas Loy

Man muss „in das Alter hineinlaufen“, sagt Marathonläufer Erhard Bader. Nicht aus dem Alter davon. Vergangene Woche hat er seinen 88. Geburtstag gefeiert, nach Einschätzung seiner Lauffreunde ist er damit Berlins ältester Wettkampf-Läufer. „Eine Excel-Datei weist für ihn 740 Läufe in Wettkampfform aus“, berichtet sein Lauffreund Klaus Weidt, der ihn vor Kurzem in Wendenschloß besucht hat.
Bader hat bis 2006 rund um die Welt Marathonläufe bestritten, in New York City ebenso wie im ägyptischen Luxor, in Honolulu auf Hawaii oder beim Millennium-Marathon in Neuseeland. Den Berlin-Marathon ist er etliche Male gelaufen, seine Zeit war etwa 3:30 Stunden, den Halb-Marathon schaffte er in 1:30. Je älter er wurde, desto besser ging es mit dem Laufen, sagt Bader. Inzwischen läuft er aber vor allem kürzere Strecken in den Müggelbergen.
In Thüringen, wo er aufgewachsen ist, war in den 50er Jahren Ringkampf in Mode. Bader hatte aber wenig Zeit zu trainieren. Er hatte eine landwirtschaftliche Lehre gemacht, musste viel arbeiten. Dann ging er nach Jena und anschließend nach Rostock, um Schiffsmaschinenbau zu studieren. Später arbeitete er auf der Neptun-Werft und noch später in der Berliner Verwaltung. 1972, mit knapp 40, begann er mit dem Laufen.
In der Radiosendung „He, he, he, Sport an der Spree“ hatte Reporter Heinz Florian Oertel wegen der bevorstehenden Olympischen Sommerspiele zu einem Neujahrslauf in Friedrichshain aufgerufen. Das war der erste Neujahrslauf in Berlin überhaupt, erzählt Klaus Weidt. Danach kam Bader nicht mehr los von der Lauf-Droge. Seine Wettkampfbilanz füllt 71 Bild- und Textbände, die Pokale und Medaillen kann er nicht mehr zählen. Vor kurzem lief er seinen 49. Neujahrslauf. Davon lässt er keinen aus. Bei vielen Läufen ist er inzwischen ältester Teilnehmer des Feldes.
Seine Lieblingsstrecke ist der Rennsteiglauf. Den hat Bader seit 1977 insgesamt 41 Mal bestritten, davon 16 Mal auf der langen Strecke: 75 Kilometer. Der größte Crosslauf Europas hat dieses Jahr erst seine 48. Auflage, „so kann man diese Leistung erst richtig schätzen“, sagt Weidt. 2019 gewann Bader in seiner Altersklasse, den zweiten Läufer hatte er klar bezwungen. 1977 sei er zusammen mit Täve Schur, dem legendären Radrennsportler der DDR, auf die Strecke gegangen. „Das war der schlimmste Lauf aller Zeiten“, erinnert sich Bader. „Regen, Schnee, Schlamm, zwei bis drei Grad.“ Aber aufgeben war keine Option. Vor dem Lauf hatte ihm die Sportärztin, bei der sich alle Läufer eine Freigabe holen mussten, von den Strapazen abgeraten, wegen der Gelenke. „Wenn ich auf die gehört hätte…“
Erhard Bader ist Mitglied des Laufclubs Ron Hill und trainiert zwei- bis dreimal in der Woche. Der nächste Wettkampf ist der Lauf rund um den Schlachtensee, als virtueller Lauf am 28. März. Virtuell bedeutet, dass jeder für sich alleine läuft und seine Zeit selber misst.
Foto: Privatarchiv Bader
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