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von Cay Dobberke

Veröffentlicht am 15.02.2019

nicht nur in Charlottenburg, sondern auch in Wilmersdorf erreicht die Verdrängung von Mietern ein immer höheres Tempo. Wir hatten schon über Entmietungen in der Uhlandstraße zwischen der Fechner- und der Berliner Straße sowie in der Pariser Straße / Ecke Emser Straße am Ludwigkirchplatz berichtet. Unklar ist noch, wann das erste Milieuschutzgebiet in Wilmersdorf in Kraft tritt, für das die Bürgerinitiative Quartier Fasanenplatz viele Unterschriften gesammelt hatte.

Nun gibt es zwei SPD-Anträge für die nächste BVV-Sitzung. In einem davon fordert die Fraktion das Bezirksamt auf, die verbliebenen Mieter im Haus am Ludwigkirchplatz zu schützen, um die Umwandlung in Eigentumswohnungen zu verhindern.

Die Abriss- und Neubaupläne an der Uhlandstraße wurden schon im BVV-Stadtentwicklungsausschuss von Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) und den meisten Bezirksverordneten abgelehnt. Aber wie geht es weiter? Offenbar als Bekräftigung verlangt die SPD, die vom Investor vorgeschlagene Gehweg-Überbauung mit einer Kolonnade zwischen der Fechnerstraße und der Berliner Straße abzulehnen: „Öffentliches Straßenland dient nicht der Rentabilität von privaten Bauvorhaben.“

Und schon gibt es einen neuen Fall: das Haus Uhlandstraße 61 zwischen dem Hohenzollerndamm und der Düsseldorfer Straße. Nach Tagesspiegel-Recherchen wurde es vor Kurzem von einem Österreicher erworben. Betroffen sind zunächst vier Läden. Das japanische Imbisslokal Daruma kann nur noch bis zum 23. Februar servieren und verabschiedet sich mit einem Ausverkauf des Inventars vom 25. bis zum 28. Februar, jeweils von 12 bis 18 Uhr.

Das Lokal existiert seit gut vier Jahrzehnten, der heutige Wirt führt es seit rund zehn Jahren. Nach seinen Worten wurde ihm gekündigt, verbunden mit dem Angebot, bei einem viel höheren Mietpreis bleiben zu können. „Aber das können wir uns nicht leisten.“

Eine benachbarte Bäckerei steht bereits leer. Nebenan muss eine Schreibwarenhandlung im März schließen. Nur das Modeatelier Kol hat einen Aufschub bis zum Januar 2020 erreicht. Der neue Vermieter habe „eine Kündigungsfrist versäumt“, sagt Ladenbetreiberin Sevinc Kol. Besorgt zeigen sich auch Wohnungsmieter im selben Haus. Ihnen wurde noch nicht gekündigt, aber eine Bewohnerin sagt: „Der neue Eigentümer will uns heraushaben, um Eigentumswohnungen zu schaffen.“

Cay Dobberke, geboren in Berlin, wohnt seit mehr als 25 Jahren in Wilmersdorf. Wenn Sie Anregungen, Kritik, Wünsche, Tipps haben, schreiben Sie ihm bitte eine E-Mail an leute-c.dobberke@tagesspiegel.de