Kiezkamera
Veröffentlicht am 20.01.2023 von Cay Dobberke

Baucontainer am Boulevard. Als „neues Tor zum Kurfürstendamm“ bewarb ein Investor den langen Gebäuderiegel, der vom Henriettenplatz neben dem S-Bahnhof Halensee bis in die Seesener Straße reicht. In zehn Häusern entstanden 220 Wohnungen, von denen 186 vermietet wurden oder werden, Büros, ein Edeka-Markt, zwei Kitas, Spielplätze sowie Tiefgaragen- und Fahrradstellplätze. Als Fertigstellungstermin galt das Jahresende 2021 (wir berichteten).
Aber noch immer verschandeln Container einer Baufirma den Henriettenplatz. Der demontierte Medusenhaupt-Brunnen lagert auf einer vergitterten Fläche.
Im November 2016 sah eine städtebauliche Vereinbarung zwischen dem Projektentwickler und dem Bezirk eine Umgestaltung des Henriettenplatzes nach den Bauarbeiten vor. Davon ist bisher nichts zu sehen. Inzwischen hat die Ärzteversorgung Niedersachsen die Häuser erworben und vermarktet sie unter dem Namen Q eins.
Das Bezirksamt hatte die Genehmigung der Baustelleneinrichtung zuletzt bis Ende 2022 verlängert, weil einige Innenausbauten noch nicht abgeschlossen waren. In der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) fragte Rudolf Harthun von der Bürgerinitiative Henriettenplatz am gestrigen Donnerstag, wann die Container endlich verschwinden und der Brunnen wiederhergestellt wird. Die Situation sei „ein Affront“ gegenüber der Anwohnerschaft, die seit vielen Jahren „auf ihren erholsamen Kiez-Platz verzichten“ müsse, kritisierte Harthun in einem Schreiben an alle BVV-Fraktionen.
Eine Begehung habe im Dezember gezeigt, dass die Baufirma jetzt eine geringere Fläche als früher benötige und nutze, antwortete Ordnungsstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) in der BVV-Sitzung. Für die verbliebenen Container sei die Erlaubnis zum Jahreswechsel abgelaufen, bestätigte er. „Ein Verlängerungsantrag liegt bisher nicht vor.“ Damit handele es sich aktuell um eine „illegale Nutzung“ des öffentlichen Straßenlands. Bitte die Baufirma um eine neue Genehmigung, könne man diese jedoch nicht verweigern, fügte Schruoffeneger hinzu. Bei der Begehung habe das Bezirksamt erfahren, dass die Innenarbeiten bis zum 16. Juni dieses Jahres andauern sollen.
Rudolf Harthun erinnerte daran, dass sich der Investor am Henriettenplatz zu einer finanziellen Beteiligung an dortigen Umgestaltungen verpflichtet habe. Laut Schruoffeneger startet voraussichtlich im Laufe dieses Jahres ein Wettbewerb im Rahmen des Plätzeprogramms des Berliner Senats.
Fraglich scheint allerdings, ob damit auch eine Instandsetzung des Brunnens verbunden sein wird. Falls nicht, gäbe es ein Problem: Für kleinere Reparaturen an Wasserspielen gewähre der Senat dem Bezirk nur höchstens 1500 Euro pro Standort, berichtete Schruoffeneger. Eine Sanierung des Medusenbrunnens sei damit unmöglich.
- Fotos: Cay Dobberke
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