Namen & Neues
Senatsverwaltung stiftet Verwirrung um gesperrten Autotunnel
Veröffentlicht am 09.06.2023 von Cay Dobberke
Es kommt selten vor, dass ein Amt eine wichtige schriftliche Auskunft an das Berliner Abgeordnetenhaus revidiert. Im Zusammenhang mit der Sperrung des Autotunnels an der Schlangenbader Straße in Wilmersdorf sah sich die Senatsverkehrsverwaltung jetzt aber dazu gezwungen.
Als „Vorzugsvariante“ solle untersucht werden, „ob die Tunnelanlage dauerhaft geschlossen bleiben kann“, hatte die neue Staatsekretärin Claudia Stutz am 31. Mai schriftlich auf eine parlamentarische Anfrage des AfD-Abgeordneten Rolf Wiedenhaupt geantwortet.
Am selben Tag beantwortete die Staatssekretärin auch Fragen des CDU-Abgeordneten Adrian Grasse. In diesem Schreiben erwähnte sie eine Studie, wonach die Tunnelschließung „mehr Potenzial für eine umweltverträgliche und klimaschonende Stadt- und Verkehrsentwicklung am Breitenbachplatz“ schaffen würde. „Allerdings sind für die Umsetzung dieser Vorzugsvariante noch weitere Untersuchungen nötig, darunter ein Verkehrs- und Schallimmissionsgutachten.“
Diese Formulierungen stammen aber noch aus der Zeit der grünen Berliner Verkehrssenatorin Bettina Jarasch. Der Abgeordnete Grasse machte gegenüber dem Tagesspiegel deutlich, dass dies „nicht der Haltung der CDU entspricht“ und zeigte sich verwundert über die Verkehrsverwaltung, die seit dem 27. April von CDU-Senatorin Manja Schreiner geführt wird.
Wegen Brandschutzmängeln wurde der Autotunnel am 20. April gesperrt. Damals bezeichnete ein Sprecher von Bettina Jarasch die Wiedereröffnung des Bauwerks als „fraglich“, weil die Sanierungskosten auf 30 Millionen Euro geschätzt würden und der Abriss der Autobahnbrücke am Breitenbachplatz beschlossen sei.
Hat sich Manja Schreiner, die auch Vize-Landesvorsitzende der CDU ist, wirklich der Haltung der Grünen angeschlossen? Ein Dementi gab es am Donnerstag erst auf Nachfrage des Tagesspiegels. „Im Prozess der Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage wurde versehentlich nicht der aktuelle Sachstand freigegeben“, antwortete Verwaltungssprecherin Sara Lühmann.
Tatsächlich prüfe man drei Varianten: eine „grundhafte Instandsetzung“, eine „vorzeitige verkehrsreduzierte Betriebsaufnahme mit geringerem Instandsetzungsaufwand“ oder die dauerhafte Schließung.
Eine Folge der Sperrung ist viel Ausweichverkehr in Wohnstraßen. Soeben gab die Senatsverwaltung bekannt, wie sie Autos stattdessen auf die Stadtautobahnen A103 und A100 leiten will. Die Schlangenbader Straße und die Sodener Straße werden zu Einbahnstraßen in Richtung Süden – jeweils im Bereich zwischen der Wiesbadener und der Dillenburger Straße.
Doch auch dies führt zu Irritationen. Der Charlottenburg-Wilmersdorfer Verkehrsstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) hält beide Einbahnstraßen zwar für sinnvoll, fordert aber, dass sie in gegensätzliche Richtungen führen. Das Bezirksamt habe erfolglos „Einspruch eingelegt“, sagte er in der jüngsten Sitzung des BVV-Verkehrsausschusses. Für Radfahrende gelten die Einbahnstraßen-Regeln nicht.
Zum Schutz eines Wohngebiets vor Verkehrsbelastungen plant die Senatsverwaltung auch, einen Teil des Mittelstreifens der Mecklenburgischen Straße zu sperren, damit Autos nicht mehr nach links in die Rudolf-Mosse-Straße einbiegen können. An der Joachim-Tiburtius-Brücke in Steglitz werde auf die Tunnelsperrung und die Umfahrungsmöglichkeit über die A103 hingewiesen, heißt es.
Die Umsetzung soll mit Beschilderungen in der kommenden Woche beginnen.
- Ein sommerliches „Nachbarschaftpicknick“ und Feste auf der früheren Autobahn schlägt die SPD-Fraktion Steglitz-Zehlendorf vor. Das dortige Bezirksamt könne dies gemeinsam mit der Verwaltung in Charlottenburg-Wilmersdorf organisieren. Darüber berichtet mein Kollege Boris Buchholz im Tagesspiegel-Newsletter für Steglitz-Zehlendorf, den Sie – wie alle unsere Bezirksnewsletter – gratis hier abonnieren können: tagesspiegel.de/bezirke.