Nachbarschaft
Veröffentlicht am 13.04.2018 von Cay Dobberke
Hermann von Wissmann (1853 bis 1905), Afrikaforscher, Kolonialbeamter und Offizier
„Keine Ehrung für Kolonialverbrecher und Rassisten: Wissmannstraße umbenennen“, lautet der kämpferische Titel eines Antrags der Linksfraktion im Rathaus Charlottenburg. Künftig solle die Straße in Grunewald den Namen „einer Person, die sich gegen den von Deutschland ausgehenden Kolonialismus und Rassismus engagiert hat“, tragen. Noch hat die BVV nicht darüber abgestimmt.
Wie gut oder böse war Wissmann? Auf der Webseite des Bezirks steht über die Straße nur: „Sie wurde nach dem Forschungsreisenden Hermann von Wissmann benannt.“ Beim Verein „Berlin Postkolonial“ liest man hingegen, Wissmann sei nicht als Forscher geehrt worden, sondern „einzig und allein für die unter seiner Leitung erfolgte blutige Niederschlagung des von den Deutschen aus propagandistischen Gründen so genannten ,Araberaufstands‘ in Deutsch-Ostafrika 1889/90“. In Hannover und Stuttgart wurden Wissmannstraßen umbenannt. In vielen anderen deutschen Städten gibt es sie aber noch. In Berlin existiert eine zweite in Neukölln, deren Umbenennung ebenfalls diskutiert wird. Die Namensgebung in Grunewald fand 1898 statt.
Der in Frankfurt (Oder) geborene Wissmann war in Afrika zunächst für die „Afrikanische Gesellschaft“ und den König Belgiens unterwegs. Als erster Europäer durchquerte er Zentralafrika von West nach Ost. Als Offizier schlug er später im Auftrag der deutschen Reichsregierung den Aufstand der ostafrikanischen Küstenbevölkerung nieder. Tausende Menschen starben, darunter Frauen und Kinder.
Später allerdings setzte sich Wissmann für Afrika ein und beteiligte sich beispielsweise am Vorhaben des deutschen Anti-Sklaverei-Komitees, einen Dampfer für den Viktoriasee zu beschaffen. Er bleibt wohl eine ambivalente Persönlichkeit. Was die Grunewalder Bürger von einer möglichen Umbenennung der Straße halten, hat bisher übrigens niemand erfragt. Anwohner sind herzlich eingeladen, uns Ihre Meinung mitzuteilen.
Wer soll hier als nächstes vorgestellt werden? Sie selbst? Jemand, den Sie kennen? Wir freuen uns auf Ihre Vorschläge unter: leute-c.dobberke@tagesspiegel.de