Kiezgespräch

Veröffentlicht am 07.06.2018 von Nele Jensch

Vor fast einem Jahr, am 25.6.2017, starb eine US-amerikanische Touristin an einer Überdosis im Berghain. Vermutlich, weil die Mitarbeitenden des Clubs nicht schnell genug einen Krankenwagen gerufen hatten, obwohl die junge Frau nach der Einnahme von MDMA, das sie im Club gekauft hatte, kollabiert war und ihre Begleiter das Personal aufforderten, den Notarzt zu alarmieren. Ein Tod, der vermeidbar gewesen wäre: Auch, wenn (Party-)Drogen wie MDMA und Co. wohl oder übel zum Berliner Nachtleben gehören, müssen Mitfeiernde und insbesondere das Personal der Amüsierstätten schnell und vor allem richtig handeln, wenn es zu Überdosen kommt.

Andreas Wild, fraktionsloser AfD-Abgeordneter im Berliner Abgeordnetenhaus, nahm Presseberichte über „Drogenclubs wie ‚Berghain‘ in Friedrichshain oder ‚Sisyphos‘ in Lichtenberg“ zum Anlass für eine Anfrage an den Senat (hier als PDF zum Nachlesen): Wild wollte unter anderem wissen, was der Senat gegen das Dealen in Clubs unternimmt, um „Tod, Sucht und Verelendung sowie Kriminalität junger Menschen zu vermeiden“. Antwort: Die Polizei führt regelmäßige „Maßnahmen“ in und vor Clubs durch, dabei arbeitet sie eng mit der Clubcommission Berlin e.V. zusammen, die sich unter anderem mit dem Thema Clubkultur und Gesundheit beschäftigt. Statistische Ergebnisse über spezielle Maßnahmen im Berghain oder im Sisyphos liegen nicht vor – allerdings wurden dort im vergangenen Jahr 46 Strafanzeigen im Zusammenhang mit Betäubungsmitteln gestellt.

Nach dem Tod der jungen Amerikanerin leitete die Berliner Staatsanwaltschaft Ermittlungsverfahren wegen Totschlags durch Unterlassen, unterlassener Hilfeleistung und Abgabe von Betäubungsmitteln an einen anderen mit leichtfertiger Verursachung seines Todes ein. Mangels hinreichenden Tatverdachts wurden sie allerdings eingestellt.

Wild wollte außerdem wissen, „wie eine Anerkennung als öffentliche Kulturstätte mit einer Selektion von Gästen am Eingang vereinbar sei“- offenbar haben die Türsteher*innen im Berghain einen AfD-Radar. Jedenfalls forderte erst kürzlich die Xhainer AfDlerin Sibylle Schmidt, dem Berghain die Gewerbeerlaubnis zu entziehen (wir berichteten). Unter anderem mokierte sie sich darüber, dass „Zahlungswillige durch unintelligente, unansehnliche Wichtigtuer selektiert würden“. Der Senat antwortet jedenfalls sehr trocken mit einem Zitat aus einem Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg: „Es ist letztlich Ausdruck der Vertragsfreiheit, dass es dem Anbieter einer Leistung freisteht, darüber zu entscheiden, wem er die Leistung anbieten will.“ Und dass Rechte so ziemlich die Einzigen sind, die in der Berliner Clubszene nicht willkommen sind, wurde bei der „AfD wegbassen“-Demo ziemlich deutlich.