Kiezgespräch

Veröffentlicht am 14.05.2020 von Nele Jensch

Es knirscht mal wieder zwischen den Bezirks-Koalitionspartnern SPD und Grünen: Vergangene Woche habe ich Ihnen von einer Begehung des Baerwaldbads durch SPD-Verordnete erzählt, das sich in einem schlechten Zustand befindet; sowohl SPD als auch Grüne plädieren für eine möglichst schnelle Sanierung und Wiedereröffnung des Schwimmbads.

Ärger gibt es trotz dieser Einigkeit: Zunächst sorgte die alleinige Begehung des Bades durch die SPD für Unmut beim Koalitionspartner, denn andere Vertreter*innen des BVV-Sportausschusses seien laut Grünen-Fraktionssprecherin Annika Gerold nicht eingeladen worden. In einer Mail an den Tagesspiegel nimmt die SPD zu dem Vorwurf Stellung: Der sportpolitische Sprecher der SPD-Fraktion Frank Vollmert habe sich beim zuständigen Stadtrat Andy Hehmke (ebenfalls SPD) nach dem Sachstand bezüglich des Baerwaldbades erkundigt und erfahren, dass am folgenden Tag eine Begehung geplant war. Vollmert bat darum, teilnehmen zu dürfen, der Stadtrat stimmte zu – Zufallstreffer sozusagen. Mittlerweile hat Hehmke erklärt, dass sich auch die übrigen Sportausschussmitglieder bei ihm melden könnten, wenn sie eine Besichtigung wünschten.

Beide Fraktionen setzen sich bereits seit Jahren für eine Übertragung des Bades an das Land Berlin ein. Für die Kritik vonseiten der Grünen, dass dies noch nicht geschehen ist, hat Höck kein Verständnis, denn die Übertragung sei längst vereinbart – aber nicht möglich, solange die Rechtsstreitigkeiten mit dem ehemaligen (insolventen) Trägerverein TSB andauern, der sich gegen die Rückübertragung an den Bezirk wehrt (wir berichteten, z.B. hier und hier). „Dies kann man schwerlich dem Bezirksamt anlasten“, so Höck.

Gerold kritisierte außerdem, dass nach wie vor kein „Sanierungsgutachten“ für das Bad vorliege, obwohl Hehmke ein solches bereits 2018 angekündigt hatte. „Was Gerold meint, ist offenbar das Bausubstanzgutachten. Das wurde nicht nur angekündigt, sondern längst auch in Auftrag gegeben, und zwar vom Fachbereich Hochbauservice“, erklärt SPD-Sprecher Carl-Friedrich Höck. Tatsächlich beauftragte die BVV (DS 1412/V) im November letzten Jahres das Bezirksamt mit der Erstellung des Gutachtens – die Verantwortung für die Umsetzung liegt damit bei Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne).

Der Baustadtrat erklärt auf Nachfrage, das Gutachten zwar 2019 in Auftrag gegeben zu haben – doch da das Bad nicht zugänglich war, konnte das beauftragte Büro erst 2020 mit den Untersuchungen beginnen. „Die Kosten, die eigentlich aus dem Bereich Sport gedeckt werden müssten, werden in 2020 dann hoffentlich über den Senat oder den Bereich Sport getragen“, so Schmidt. Seine Abteilung habe so weit wie möglich unterstützt, die Gespräche mit den ehemaligen Betreiber seien jedoch von Sportstadtrat Hehmke geführt worden. „Dieser kann erklären, warum erst jetzt die Liegenschaft zugänglich wurde“, schließt Schmidt. Grünen-Sprecherin Gerold ergänzt: „Dass die SPD-Fraktion nun so tut, als habe die SPD als Hauptverantwortliche nichts damit zu tun, dass das Baerwaldbad vor sich hin schimmelt, und zu versuchen, jemand anderem dafür die Schuld zu geben, ist unredlich.“

Für alle Xhainer*innen – vor allem für diejenigen, die gerne schwimmen – bleibt nur die Hoffnung, dass es trotz des Rechtsstreits mit dem TSB und des Hin-und-Hers im Bezirksamt dennoch zügig mit der Sanierung des Bades vorangeht.

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