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Parkstadt Karlhorst: SPD Lichtenberg kündigt Zusammenarbeit mit der Linksfraktion

Veröffentlicht am 28.10.2019 von Robert Klages

Dramatischer Abgang SPD: Am Donnerstagabend verließen alle 13 Verordneten der Lichtenberger SPD-Fraktion geschlossen die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Lichtenberg rund eine Stunde vor Ende der Sitzung. Auch SPD-Stadträtin Birgit Monteiro schloss sich an. BVV-Vorstehen Rainer Bosse (Linke) verschob daraufhin eine wichtige Abstimmung um einen Monat. Andere Abstimmungen wurden ohne die SPD-Fraktion geführt. Die SPD kam noch am Abend mit dem Kreisvorstand zu einer Sondersitzung zusammen.

Was war passiert? Es wurde über einen Dringlichkeitsantrag zur Planreife Parkstadt Karlshorst abgestimmt, dem der Ausschuss Ökologische Stadtentwicklung bereits zugestimmt hatte. Rico Kallies, Regionsleiter bei Bonava in Deutschland, sagte am Freitag, die Entscheidung in Lichtenberg in keinerlei Hinsicht nachvollziehen zu können. „Wir sind ehrlich gesagt geschockt. Angesichts der angespannten Wohnungssituation in Berlin macht uns dieses Vorgehen sprachlos. Ein derart unsoziales und teilweise sogar erpresserisches Verhalten Einzelner haben wir jedoch bisher in keinem anderen Bauvorhaben erlebt.“ Von den 1008 Wohnungen sollen über die Hälfte Eigentumswohnungen werden – die anderen 470 Mietwohungen, davon 252 Sozialwohnungen, welche die Bonava teilweise bereits an Investoren verkauft hat. Die Linksfraktion wird der Bonava vor, den Bezirk zu erpressen: Hier den vollständigen Artikel darüber lesen.

Nun ist die Empörung groß, auch der Regierende Bürger*innenmeister Michael Müller schaltete sich ein. „Es ist eine Schande, dass Koalitionspartner dort den Bau von 1000 Wohnungen verhindern, drei Tage, nachdem sie den Mietendeckel beschlossen haben“, sagte Müller auf dem SPD-Landesparteitag. Und die SPD-Empörung schlägt Wellen bis nach Hamburg (liegt hinter Spandau): der dortige Senator für Finanzen, Andreas Dressel, ebenfalls SPD, twitterte: „Man fasst es nicht… Erst verfassungsrechtlich zweifelhaft die Mieten deckeln, dann den Neubau mit fadenscheinigen Argumenten deckeln…“

Und die Linken? „Keine Lappalie! Wir kämpfen um jede Sozialwohnung, alles andere ist Quark“, twitterte Katalin Gennburg, Sprecherin für Wohnungspolitik bei der Berliner Linken. Lichtenbergs Bezirkspolitiker*innen der Linken und SPD fetzen sich unterdessen auf allen Kanälen, nach einer Einigung sieht das nicht aus. Norman Wolf, Fraktionsvorsitzender der Lichtenberger Linken, will an den Senat herantreten, dieser möge mit der Bonava sprechen. 

„Stadträtin Birgit Monteiro (SPD) hat ein schlechtes Verhandlungsergebnis abgeliefert“, sagte Wolf am Montag. „Eines zum Wohle des Investors, nicht des Bezirks.“ Monteiro verhandelte mit Bonava im Sommer letzten Jahres nochmal die bereits zuvor beschlossenen Verträge nach. Denn es waren statt 30 Jahren Bindungsfrist nur 20 Jahre vereinbart, was gegen das Berliner Modell verstößt. Laut Antonio Leonhardt, für die Linke im Ausschuss für Stadtentwicklung, habe die Linke mehrfach gefordert, auch die Sache mit der Anrechnung der Staffelgeschosse auf Sozialwohnungen nachzuverhandeln. Monteiro habe gesagt, dies berücksichtigen zu wollen, aber nicht getan. Leonhardt spricht von einem „absichtlichen Täuschungsmanöver“ der Stadträtin Monteiro.

Was sagt Baustadträtin Monteiro? Die Staffelgeschosse seien durchaus Inhalt der Nachverhandlungen gewesen. „Aber wie es so ist, Nachverhandlungen sind Verhandlungen und kein einseitiges Durchstellen von Wünschen.“ Die Bonava habe abgelehnt, weitere Sozialwohnungen zu schaffen. Zudem gebe es keine rechtliche Grundlage, dies von Bauherrn zu erzwingen. Denn im Land Berlin ist es gängiges Verfahren, die Staffelgeschosse nicht einzurechnen. In Lichtenberg wurde hingegen bereits beschlossen, bei zukünftigen Bauvorhaben, Staffelgeschosse anzurechnen und dadurch die Zahl der Sozialwohnungen im Gebäude zu erhöhen.

Und die Bonava? Warum kann diese nicht einfach mit 35 Sozialwohnungen mehr planen? Antwort am Montag: Das Projekt sei bereits vollständig geplant. Wenn man 35 Sozialwohnungen mehr einplanen müsste, müsste man das ganze Projekt neu planen, was bis zu einem Jahr dauern könnte, die Wohnungen müssten neu aufgeteilt werden. „Einen großen neuen Planungsentwurf, das wollen wir nicht machen“, so eine Sprecherin. „Deswegen geben wir nicht nach.“ Die derzeit geplante und noch nicht gebauten Sozialwohnungen sind übrigens schon verkauft. Bonava ist der Projektentwickler und verkauft die entstandenen Wohnungen an Investor*innen, welche sie vermieten.