Namen & Neues

Kundgebung vor geschändetem Mahnmal

Veröffentlicht am 25.05.2021 von Robert Klages

Rund 100 Menschen haben am 18. Mai teilgenommen an der Kundgebung „Gemeinsam gegen Antisemitismus“ an der Gedenktafel in der Konrad-Wolf-Straße 91. Das Mahnmal war geschändet und mit grüner Farbe überschüttet worden. Mittlerweile ist es wieder gereinigt. Auch Bürger*innenmeister Michael Grunst (Linke), sowie Stadtrat Kevin Hönicke (SPD) und weitere Bezirkspolitiker*innen von Linken, Grünen und SPD waren dort. Die Polizei bewachte die Veranstaltung, die von der Antifaschistischen Vernetzung Lichtenberg (AVL) und der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) angemeldet worden war. Hier Fotos von der Kundgebung. Erinnert wurde an zahlreiche antisemitische Vorfälle im Bezirk und auch an den Brandanschlag auf eine Bar mit einem jüdischen Besitzer im letzten Jahr. Der Musiker Olaf Ruhl spielte „Shik mir a shtral“, von Arkady Gendler auf dem Akkordeon. Ruhl kennen wir auch hier aus dem Newsletter, er macht Musik mit jiddischen Texten.

Der Gedenkstein wurde im Anschluss erneut neu eingeweiht: Am 20. Mai 2021 durch Bezirksbürger*innenmeister Michael Grunst (Die Linke) gemeinsam mit dem evangelischen Bischof Christian Stäblein und Kantorin Esther Hirsch von der Synagogengemeinde Sukkat Schalom, in Anwesenheit der Bezirksstadträte Kevin Hönicke (SPD) und Martin Schaefer (CDU). Kantorin Hirsch sprach das Gebet „El Male Rachamim“ im Gedenken an die Opfer der Schoah. Bischof Stäblein: „Der Stein erinnert daran, dass an diesem Ort Jüdinnen und Juden gebetet und gelebt haben. Diese Erinnerung wird durch Schändungen bedroht: Nie wieder. Jüdisches Leben ist Teil von uns, es ist ein Reichtum für dieses Land. Wer Jüdinnen und Juden angreift, greift uns alle an.“

„Wir werden die Erinnerung an durch Faschisten ermordete Lichtenberger Jüdinnen und Juden durch diese Schändung nicht beschmutzen lassen“, sagte Grunst. „Es ist unsere historische Verantwortung, uns mit den Gräueltaten des Dritten Reichs auseinanderzusetzen und an ausgelöschtes jüdisches Leben zu erinnern.“

Lichtenberg hat nun als einziger Berliner Bezirk einen Antisemitismusbeauftragten eingestellt, der seine Arbeit bald aufnehmen wird. Zu den Aufgaben von André Wartmann wird es gehören, historisches Wissen zu vermitteln. Er wird außerdem Ansprechpartner für Opfer von Antisemitismus sein sowie Kontaktperson für die jüdische Gemeinde und jüdische Organisationen im Bezirk. Es gilt auch, Bezirksgeschichte weiter aufzuarbeiten. Dazu gibt es zum Beispiel Anknüpfungspunkte aus der jüngeren Zeit, wie die Zuwanderung jüdischer Kontingentflüchtlinge Anfang der neunziger Jahre oder auch historische Ereignisse, die sich in den Jahren des Zweiten Weltkrieges in unseren Partnerstädten in Osteuropa zugetragen haben. Grunst dazu: „Trotz geschichtlicher Aufarbeitung und vielfältiger Maßnahmen steigt die Zahl antisemitischer Vorfälle in Deutschland und auch in Lichtenberg. Das bestätigt uns die Notwendigkeit einer solchen Position.“

Wartmann hat zuvor für das Jüdische Museum gearbeitet. Weitere Stationen waren der „Verein gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit sowie das „Jüdisches Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus e.V.“. Er hat einen Master in Interdisziplinärer Antisemitismusforschung.