Intro
von Julia Weiss
Veröffentlicht am 22.01.2020
Sie kennen vielleicht die Bilder aus Zürich: Menschen in Badehose lassen sich auf Luftmatratzen durch die Flüsse der Stadt treiben. Lässig oder? Da packt einen in Berlin doch der Neid. In die Spree will ich nicht mal den kleinen Zeh stecken. Doch ist das Wasser wirklich zu schmutzig, um darin zu baden? Das legt eine Expertise des Lageso nahe, aus der Tagesspiegel-Chefredakteur Lorenz Maroldt vergangene Woche im Checkpoint zitierte. Daraus gehe hervor, dass die Filter nicht stark genug sind, um ausreichend Kolibakterien aus dem Wasser zu holen – sobald Mischwasser aus der Kanalisation in die Spree gelangt. Momentan wird getestet, ob sich das Dreckwasser im Spreekanal in Badewasser verwandeln lässt.
Was bedeutet das für das Flussbad, das nach Willen des Senats vor dem Bode-Museum entstehen soll? Kein Problem – laut Verein „Flussbad“, der seit 1998 beharrlich für das Projekt wirbt und die Filter momentan testet. „Das haben wir in unserer Planung bereits berücksichtigt“, sagt der Architekt Jan Edler. Eine dermaßen hohe Konzentration an Kolibakterien weise das Spreewasser nur auf, wenn eine Mischung aus Hausabwässern und Regen von den Straßen in die Spree fließt. Das passiere immer nach starkem Regen, vor allem also nach Gewittern. In diesem Fall werde der Pflanzenfilter, der flussaufwärts an der Fischerinsel entstehen soll, nicht mehr mit den Kolibakterien fertig. Deshalb ist geplant, ihn dann ganz abzuschalten und kein neues Wasser in das Flussbad einzulassen. „So bleibt das Wasser sauber genug, um darin zu schwimmen“, erklärt Edler.
Mit großem Aufwand und Unsicherheiten bleibt die Umsetzung wohl trotzdem verbunden – zumal das Projekt insgesamt 77 Milionen Euro kosten soll. Auch das berichtet die Expertise des Lageso. Allerdings beziehe sich dieser Betrag nicht nur auf das Flussbad, versichert Edler. Geplant seien beispielsweise auch Umbauten im Bereich der Fischerinsel, wo das Konzept einen naturnahen Flusslauf vorsieht, mit Stegen und Sitzgelegenheiten. Eine Kostenschätzung allein für das Flussbad steht momentan noch aus.
Um die Luftmatzratze aufzupusten, ist es also noch zu früh. Die Frage stellt sich dennoch: Was halten Sie vom Flussbad? Würden Sie in der Spree schwimmen oder nicht? Schreiben Sie mir Ihre Meinung: julia.weiss@extern.tagesspiegel.de
Julia Weiss ist freie Autorin beim Tagesspiegel. Sie freut sich über Tipps, Hinweise und konstruktive Kritik per Mail oder auf Twitter.
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