Nachbarschaft

Veröffentlicht am 14.08.2019 von Madlen Haarbach

Philipp Dehne ist Mit-Initiator der Initiative „Schule in Not“ und des Bürgerbegehrens „Saubere Schulen“. Er lebt seit 14 Jahren in Neukölln und unterrichtete sechs Jahre als Quereinsteiger und Lehrer an einer Kreuzberger Schule. Seit Beginn des laufenden Schuljahres sammelt die Initiative Unterschriften. Im Interview spricht Dehne über Ziele und Forderungen der Initiative.

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, das Bürgerbegehren „Saubere Schulen“ zu starten? Unsere Initiative „Schule in Not“ setzt sich generell für bessere Lern- und Arbeitsbedingungen an Berliner Schulen ein. Das Thema Schulreinigung beschäftigt Eltern, Lehrkräfte und Hausmeister ja schon seit Jahren. In Neukölln war es dann vor einem Jahr ein Riesenthema, weil in den damaligen Sommerferien an fast keiner Neuköllner Schule eine Grundreinigung stattgefunden hatte. Viele Schulen waren zu Schuljahresstart so dreckig, dass Lehrkräfte die Klassenräume gereinigt haben. In den Gesprächen mit Reinigungskräften, Hausmeistern und Eltern kam dann heraus, dass die tägliche Unterhaltsreinigung ein noch größeres Problem ist. Oder wie ein Hausmeister sagte: ‚Du brauchst auch keine Grundreinigung zu machen, wenn die tägliche Reinigung danach nicht funktioniert.’

Sie waren selbst Lehrer. Welche Erfahrungen haben Sie im Schulalltag mit der Schulreinigung gemacht? Ich kam vor dem Schulstart selbst in eine dreckige Schule, in der auch noch Bauarbeiten stattgefunden hatten. Mit meiner Kollegin habe ich mir dann Putzmittel und Lappen besorgt, um dicken Baustaub und Dreck von Tischen, Stühlen und dem Boden zu wischen. Ich habe kein Problem, selbst sauber zu machen, aber bitte nicht auf Kosten pädagogischer Arbeit.

Wie können aus Ihrer Sicht die Probleme mit der Reinigung gelöst werden? Das Grundproblem ist, dass die Reinigung outgesourct wurde. Das Bezirksamt vergibt die Aufträge für die Schulreinigung an die billigsten Anbieter. Die Firmen unterbieten sich dann gegenseitig. Der Stress und die mangelnde Zeit werden an die Reinigungskräfte weitergegeben. Sie stehen dann vor der Wahl: Schlecht reinigen oder unbezahlte Überstunden machen? Deswegen fordern wir, dass die Reinigungskräfte wieder beim Bezirk angestellt werden, dass sie fest an einzelnen Schulen arbeiten und dass sie ausreichend Zeit für ihre Arbeit bekommen. Denn gute Arbeit braucht Zeit!

Das Bezirksamt kam vor einigen Monaten zu der Auffassung, dass das Ergebnis des Bürgerbegehrens rechtlich nicht bindend sei. Dagegen haben Sie Klage angekündigt. Was ist daraus geworden? Wir haben die Klage in der ersten Instanz verloren. Wir haben überlegt, durch die weiteren Instanzen, notfalls bis zum Berliner Verfassungsgericht zu klagen und haben da auch gute Erfolgsaussichten gesehen. Aber so ein Verfahren hätte Jahre dauern können. Das hätte die Reinigungssituation nicht verbessert. Mit der Sammlung für unser nun ‚empfehlendes’ Bürgerbegehren können wir hingegen Druck aufbauen, um das Bezirksamt zum Handeln zu bewegen.

Welche Erwartungen haben Sie an das Bezirksamt? Wir erwarten, dass das Bezirksamt jetzt Maßnahmen beschließt, um die schlimmsten Reinigungsprobleme anzugehen. Außerdem soll sich das Bezirksamt gemeinsam mit anderen Bezirken bei den laufenden Haushaltsverhandlungen mit dem Abgeordnetenhaus für mehr Geld für diesen Bereich einsetzen. Die schlechte Schulreinigung ist schließlich ein Berliner und ein Neuköllner Problem. Mittelfristig sollte es im eigenen Interesse des Bezirksamts sein, die Reinigungskräfte wieder beim Bezirksamt anzustellen. Schließlich ist Schule eine öffentliche Aufgabe. Und hinter der Frage zur Schulreinigung stecken auch die zentralen Fragen: Was ist uns gute Bildung eigentlich wert? Was ist uns gute Arbeit wert? Und was wollen wir unseren Kindern vorleben?

Weitere Infos zum Bürgerbegehren und zur Initiative gibt es unter schule-in-not.de.

Foto: privat

Wer einen Vorschlag hat, welcher Mensch hier unbedingt vorgestellt gehört: Gerne mailen an leute-m.haarbach@tagesspiegel.de.