Intro

von Christian Hönicke

Veröffentlicht am 04.02.2021

„Verhinderungs-Bebauungsplan“. So heißt das Machtwort aus Pankow nach Pankow – ausgesprochen hat es Stadtentwicklungssenator Sebastian Scheel (Linke). Berlins oberster Bauherr lebt bekanntermaßen im Bezirk – und hat sich nun in den Streit vor seiner Haustür um die Nachverdichtung der Gesobau-Wohnanlage am Schlosspark Schönhausen eingeschaltet. Er kritisiert auf Tagesspiegel-Anfrage den „Verhinderungs-Bebauungsplan“ der Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) – und fordert das Bezirksamt auf, das Projekt schnellstmöglich auf den Weg zu bringen.

Wir erinnern uns: Die Wohnungsbaugesellschaft Gesobau möchte Häuser in den Höfen an der Ossietzkystraße bauen, wo aktuell noch Bäume stehen und Kinder spielen. Nach den neuesten Plänen sind 100 Wohnungen geplant. Dagegen wehren sich die Anwohnerinnen und Anwohner seit Jahren. Zuletzt hatten sich die Bezirksverordneten auf ihre Seite gestellt und vom Bezirksamt einen Bebauungsplan gefordert, der diese Nachverdichtung verhindert und die Grünflächen erhält. Die Gesobau hat als Reaktion darauf ihren Bauantrag beim Bezirksamt vorgezogen. [Der Text stammt aus dem aktuellen Pankow-Newsletter. Den können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Rückendeckung bekommt die Gesobau nun vom Bausenator. Er verteidigt die Nachverdichtung, die im Stadtentwicklungsplan Wohnen 2030 vorgesehen ist. „Den auch von der SPD-Fraktion in der BVV geforderten Verhinderungs-B-Plan halte ich für das falsche Signal für den dringend notwendigen Wohnungsbau in Berlin“, kritisiert Scheel auf Tagesspiegel-Anfrage.

Man habe „die schwere Aufgabe, die berechtigten Bedenken und Wünsche der Anwohnerschaft gegen den großen Bedarf an leistbarem Wohnraum abzuwägen“, so Scheel weiter. Doch die Anliegen der Anwohner würden „in der vorgelegten Entwurfsfassung“ berücksichtigt: „Diese überarbeitete Planung muss jetzt durch das zuständige Bezirksamt innerhalb der gesetzlichen Fristen beschieden werden.“

Doch auch dagegen kommt Widerspruch aus der politischen Nachbarschaft. „Scheel sucht den Konflikt, die Anwohnerinnen und Anwohner fühlen sich übergangen, auch das Bezirksparlament will der Bausenator nun wohl vorführen“, kritisiert der Pankower Grünen-Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar. Er vermutet, dass die Gesobau „ohne die ausdrückliche Rückendeckung des Bausenators so nicht vorgehen“ würde.

Dabei sei der „Verhinderungsplan“ nicht nur von der SPD gefasst worden, so Gelbhaar. „Der Bausenator verkennt, dass die BVV das über die Parteigrenzen hinweg beschlossen hat. Da hat auch die Linkspartei zugestimmt. Die müssen mit ihrem Bausenator mal ihre Position klären.“ Der Beschluss sehe auch keine Verhinderung, sondern „eine behutsame Entwicklung im Rahmen eines Bebauungsplans“ vor.

„Scheel scheint dem aber zuvorkommen und Fakten schaffen zu wollen“, sagt Gelbhaar. Eine „behutsame Entwicklung“ wie vom Bezirk gefordert „ist dann vom Tisch, Spielräume und viele Bäume in den Höfen werden diesem Vorgehen dann unnötigerweise zum Opfer fallen“. – Text: Christian Hönicke

+++ Diesen Text haben wir dem neuen Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Pankow entnommen. Den gibt es in voller Länge und kostenlos hier: leute.tagesspiegel.de

Mehr Themen aus dem Pankow-Newsletter:

  • Der Al Capone von Prenzlauer Berg: Wie die Gladow-Bande ihr Unwesen trieb
  • Weiter Kritik an fehlendem Corona-Schutz im Bezirksamt – Pankows Bürgermeister widerspricht Mitarbeitenden
  • „Schnapsidee“ oder „nicht ausgeschlossen“? Die Politik diskutiert weiter über den Tempo-30-Beschluss der BVV
  • Rodungs-Rodeo: In mehreren Grünanlagen lässt das Bezirksamt Bäume fällen – und kassiert dafür Entrüstung aus der Anwohnerschaft und Kritik aus der Lokalpolitik
  • Fuss e.V. will Fahrradbügel-Baustopp auf Gehwegen
  • „Tokio Hotel“ liebt Pankow: Fabrikgebäude in Wilhelmsruh ist „unsere Zentrale“
  • Wahl-Progonose: „Die Partei“ vor BVV-Einzug
  • Landes-SPD will U2 nach Pankow Kirche verlängern
  • Pankows Bürgermeister Benn abgasfrei unterwegs
  • „Pankower Tor“: Entwürfe ab 10. Februar öffentlich
  • Umstrittenes Projekt: „Deutsche Wohnen“ baut 3000 Wohnungen in Buch
  • Affäre um Ballettschule: Kündigungen des Ex-Leiters unwirksam
  • Jahn-Sportpark: LSB-Ehrenpräsident kritisiert Fahrradstraßenpläne für Gleimstraße und nennt Anwohner „Verhinderer“

Den Pankow-Newsletter vom Tagesspiegel gibt es in voller Länge und kostenlos hier: leute.tagesspiegel.de +++

Christian Hönicke ist Pankower. Wenn Sie Anregungen, Kritik oder Wünsche haben, schreiben Sie ihm einfach eine E-Mail an leute-c.hoenicke@tagesspiegel.de.