Kiezgespräch
Veröffentlicht am 15.08.2019 von Christian Hönicke
„Karow wird zerstört“: Widerstand gegen Berliner Baupläne. Richtig heiß her ging es in der Bezirksverordnetenversammlung am Mittwoch, als die geplanten Bebauung in und um Karow (in Berlin-Pankow) auf der Tagesordnung stand. Anwohner brachten eine Sammlung von 3500 Unterschriften mit, die sich gegen eine „Rahmenplanung“ für die Bereiche Karow Süd, Am Teichberg und Straße 52 aussprechen. Dort will der Bezirk ab 2025 insgesamt 3000 neue Wohnungen bauen.
Die Alt-Karower kritisieren nun, dass das Bezirksamt sie dabei komplett übergangen habe. „Unsere Vorschläge im Beteiligungsverfahren sind alle nicht berücksichtigt worden“, erklärte Elke Großmann, die Sprecherin der Anwohnerinitative. Das wichtigste Thema sei der Verkehr: Schon jetzt leide der gesamte Nordosten Pankows unter Dauerstau. Die Verkehrsfrage müsse auch hier wie bei jeder guten Stadtplanung vor der Bauplanung gelöst werden. „Sonst wird das ein neues Märkisches Viertel“, so Großmann. Doch das Thema sei in den Beteiligungsveranstaltungen vom Bezirksamt „plattgemacht worden, man hat uns dazu Redeverbot erteilt und auf die Verkehrsverwaltung verwiesen“.
Dabei hätten Land und Bezirk „nicht den Hauch einer Idee“, wie die neuen Anwohner künftig in die Innenstadt kommen sollten, so Großmann. „Zwischen Wartenberg und der Bernauer Bahn gibt es nichts, nur den Individualverkehr mit Autos.“ Die Anwohner fordern neue S- und U-Bahnen zur Erschließung des Gebiets. „Uns hat man stattdessen Busse angeboten – das nützt überhaupt nichts.“
Inzwischen haben sich die Karower wie berichtet mit benachbarten Ortsteilen wie Französisch Buchholz, Blankenburg und Buch vernetzt, um eine Gesamtverkehrsplanung für den Nordostraum zu fordern. Das unterstützt auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Johannes Kraft, selbst Karower: „Wir hatten das schon in den 90ern, als Karow Nord und Buchholz West gebaut wurde. Es wurde viel versprochen und fast gar nichts gehalten. Es gibt keine weiter vernünftige Verkehrslösung und keinen zweiten S-Bahnhof.“
Ein Verkehrskonzept für den Nordostraum sei in der Tat „unheimlich wichtig“, räumte Baustadtrat Vollrad Kuhn (B‘90/Grüne) ein. Man habe darauf gerade erst wieder bei der Verkehrsverwaltung hingewiesen, die bisher trotz mehrerer Terminzusagen noch nichts vorgestellt habe. Viel Hoffnung machte er den Anwohnern ohnehin nicht. „Die S-Bahn wurde so gut wie kaputtgespart“, erklärte Kuhn unverblümt. Deshalb präferiere die Verkehrsverwaltung bei der Erschließung nun Tram und Bus.
Die Baupläne an sich verteidigte Kuhn aber. Die Anwohner halten sie für „so extrem, dass sie das Dorf Karow zerstören werden“, erklärte Großmann. Eine Bebauung müsse dem dörflichen Charakter angepasst werden und solle zwei-, maximal dreigeschossig sein. „Wir wollen keine sechs, sieben, acht Geschosse.“ Kuhn erklärte, man müsse angesichts der Wohnungsnot aber in die Höhe gehen. Die Grundstücke seien von städtischen Wohnungsbaugesellschaften für viel Geld erworben worden, „und die haben den Auftrag, dort Wohnungen in Größenordnungen zu schaffen“.
Kuhn versprach den Anwohnern immerhin, direkt gegenüber von Einfamilienhäusern maximal zweigeschossig zu planen. In der Mitte der neuen Baugebiete seien dafür Häuser mit fünf Etagen geplant, „aber auch nicht mehr“. – Text: Christian Hönicke
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Diesen Text haben wir als Leseprobe dem neuen Tagesspiegel-Newsletter für Berlin-Pankow entnommen. Den – kompletten – Pankow-Newsletter gibt’s unkompliziert und kostenlos hier leute.tagesspiegel.de.