Nachbarschaft
Veröffentlicht am 30.01.2019 von Gerd Appenzeller
Dass Ivo Knippenberg zum Jahreswechsel seinen Käsestand in der Tegeler Markthalle schloss, empfanden nicht nur die Kunden, sondern auch viele andere Händler als Schlag. Als ich mit ihm sprach, bekannte er sich ausdrücklich zu dem Schwung und der Dynamik von Investor Huth. „Man muss manchmal Durststrecken durchstehen, ich finde es gut, was da passiert“, sagte er auf die Frage, ob sinkenden Umsätze ein Grund für den Ausstieg aus dem Mietvertrag gewesen seien. Und die Bauphase ist eben eine solche Durststrecke. Aber Knippenberg sieht mit dem Konzept von Huth für sich keine Zukunft. Was der anstrebe, sei so etwas wie ein Hochfrequenzstandort. Er aber sehe sich und sein Unternehmen als Markthändler, „wir suchen unspektakuläre Orte mit einem breiten Lebensmittelangebot, wir gehen lieber auf Wochenmärkte“. Und auf denen findet man ihn auch, am Nordbahnhof zum Beispiel, auf dem Winterfeldtplatz, in der Akazienstraße vor der Apostel-Paulus-Kirche in Schöneberg oder in der Moabiter Thusnelda-Allee. Ivo Knippenberg will sich jetzt auch im Norden umschauen, wenn es in Hermsdorf wieder einen Wochenmarkt am Fellbacher Platz geben würde, wäre er wohl mit dabei. Wer auf seine homepage geht (www.knippenbergs.de), der versteht, was den Mann umtreibt: Qualität über alles, Vielfalt, Sorgfalt im Umgang mit der Ware.
Investor Harald G. Huth erklärt die Lage in Tegel so: „Wir finden, dass die Tegeler Markthalle immer noch sehr gut belegt ist, trotz der schwierigen Lage an der Baustelle. Die Frequenz hat durch die Baustelle natürlich erheblich gelitten. Der Käsestand hat den Betrieb nicht weiter fortgesetzt, da dies interne und familiäre Gründe hatte. Wir sind aber gerade dabei, einen Ersatzbetreiber für diese Fläche zu finden, beziehungsweise haben wir ihn schon gefunden. Er versucht gerade, alles mit Herrn Knippenberg, der den Käsestand vorher betrieben hat, abzustimmen…. Das ist der aktuelle Stand und ansonsten gibt es nicht viele Ecken, die derzeit nicht bespielt werden, sondern den einen oder anderen Stand, der aus verschiedensten Gründen einfach in einer solchen Markthalle auch mal sich zum Aufhören genötigt oder gezwungen sieht. In einer Interimsmarkthalle, von der niemand weiß, ob das Objekt jetzt noch 6 oder 9 Monate betrieben wird, findet man nicht im Vorbeigehen jedes Mal gleich einen neuen Mieter. Also alles halb so dramatisch und ich würde sagen, nicht so wichtig, als dass es eine weitere Notiz bedarf. Alle warten auf die Fertigstellung des Tegel Quartiers und der neuen Markthalle, was allerdings von den Baufirmen abhängt, die beauftragt worden sind und die sich, wie man derzeitig wohl in ganz Berlin feststellen kann, schwer tun, sich an die eigenen Terminpläne gemäß der abgestimmten Verträge zu halten“.
Später ergänzt er noch, als Reaktion auf meinen Vorhalt, er wolle einen ganz anderen Typ von Markthalle: „Wir werden keine Markthalle bauen für Touristen, sondern eine Markthalle für die Tegeler, so, wie das auch die letzten hundert Jahre der Fall war. Wir hoffen, dass wir eine hohe Angebotsvielfalt in der neuen Markthalle präsentieren können und in der Interimsmarkthalle die Angebote so breit als möglich halten… Sie dürfen versichert sein, dass unser Interesse, dass die Markthändler lange durchhalten, sehr hoch ist und wir auch sehr kooperativ in Bezug auf die Miethöhen mit Ihnen umgehen… Hören Sie sich um, wenn die neuen Mieter die Verträge unterschrieben haben, wie die Kooperation mit uns als Vermieter läuft. Ich denke, da werden Sie sehr viel Positives hören.“
Aus der Reinickendorfer Politik hört man dazu, dass alle ein großes Interesse daran haben, dass in der Gorkistraße etwas Vernünftiges entsteht. Aus dem Wirtschaftsausschuss der BVV bekomme ich die Einschätzung, Harald Huth habe eine falsche Vorstellung von einer Markthalle. Viele Händler könnten die von ihm geforderten Zahlungen nicht leisten. Andererseits wird mir aber auch bestätigt, dass Huth sich bei Verhandlungen um die Miete als verständnisvoll gezeigt habe. Wer ist dieser Harald Huth eigentlich? Ein Baulöwe? Einer, der Berlin mit immer neuen und überflüssigen Shopping-Centern überzieht? Meine Kollegin Barbara Nolte hat ihn kürzlich für den „Tagesspiegel am Sonntag“ interviewt. Alle Fragen und Antworten können Sie hier noch einmal nachlesen: tagesspiegel.de
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