Namen & Neues
Arbeit als BVV-Politiker: Die Familien-Debatte
Veröffentlicht am 12.02.2019 von André Görke
Letzte Woche haben wir im Spandau-Newsletter die Frage gestellt: Geht BVV-Arbeit auch familienfreundlich? Es geht um die 55 Bezirksverordneten, die ihrer politischen Arbeit für den 240.000-Leute-Bezirk neben ihrem normalen Beruf nachgehen. Hier erzählten Lars Leschewitz, Linke, und Arndt Meißner, CDU, ihre Geschichten – sie arbeiten gemeinsam mit ihren Ehefrauen – ehrenamtlich – für die BVV. Ein Fulltime-Job für die Familie also. Meißner wird oft gefragt: „Sie arbeiten neben der Politik noch als Polizist?“ – „Nee“, sagt der, „eigentlich ist umgekehrt.“ Jeder der Bezirksverordneten hat so seine Erfahrungen gemacht. Thorsten Schatz, CDU, der hier offen das Thema Einnahmen erklärt hat, sagt: „Donnerstag ist mein Politik-freier Abend, der gehört meiner Familie.“ Keiner der Politiker, die wir hier zu Wort kommen lassen, hat uns von sich aus seine Geschichte erzählt, keiner will jammern. Aber bekanntlich kann es nie schaden, anderen Menschen zuzuhören. Heute, Teil 2:
„Nicht leistbar ohne Hilfe von Familie und Freunden.“ Gefragt hatten wir auch die Grünen, die das Thema ‚Familienfreundlichkeit & BVV‘ im Rathaus Tempelhof Schöneberg erst auf die Agenda gesetzt hatten und Kita-Unterstützung ins Spiel brachten. Der Antrag wird auch in Spandau diskutiert; ob er ins Rathaus gebracht wird, steht noch nicht fest. Oliver Gellert, der mit Gollaleh Ahmadi gemeinsam die Fraktionsspitze bildet, schrieb dem Spandau-Newsletter: „In unserer Fraktion haben drei Verordnete Kinder – und mit dem Spagat zwischen Hauptberuf, Kinderbetreuung, Familie und BVV zu kämpfen. Ich bin selbst zweifacher Vater und Vollzeit als Geschäftsstellenleiter bei einem Jugendverband beschäftigt und kann nur betonen, dass die BVV-Arbeit als Teil unserer kleinen Fraktion ohne die Freiheiten meines Arbeitgebers und die vielen Stunden der Unterstützung durch meine Frau, meine Schwiegereltern und meine Freunde nicht leistbar wäre.“ Neben ehrenamtlicher BVV-Arbeit sind da noch Elterngremien, Stadtteilsitzungen, Fachkreise, Parteitermine. „Frühere Sitzungszeiten und eine Kinderbetreuung würden die Situation für mich nicht deutlich verändern, denn mein Arbeitgeber besteht auf die volle Arbeitsleistung – 39,4 Stunden pro Woche“, sagt Gellert. „Je früher ich für die BVV am Tage arbeite, desto mehr Stunden muss ich für meinen Beruf nacharbeiten.“ Aber auch er wünscht sich mehr Zeit für BVV-Arbeit,“was in einer Vollberufstätigkeit leider kaum möglich ist“.
„Wir sehen uns öfter als ich meinen Partner.“ Seine Kollegin Gollaleh Ahmadi sitzt gerade über ihrer Uni-Abschlussarbeit und hat keine Kinder. Die Grünen-Politikerin sagt aber: „Es gibt tatsächlich Tage und Wochen, in denen ich Oliver Gellert öfter sehe als meinen Partner zuhause.“ Und wir reden nicht von einem Arbeitsplatz, sondern wenn man so will: in der Freizeit. Hinter all dem steckt die Frage: Ist das alles attraktiv genug, um mehr Leute dazugewinnen, sich im Rathaus politisch einzubringen? – André Görke
+++
Diesen Text haben wir dem neuen Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel entnommen. Kostenlos bestellen, komplett lesen unter leute.tagesspiegel.de.