Nachbarschaft
Veröffentlicht am 17.03.2020 von André Görke
Stephan Machulik, 48, SPD, Stadtrat für Ordnung und Bürgerdienste in Berlin-Spandau. Er kam an dieser Stelle neulich erst zu Wort, ja. Aus aktuellem Anlass rief ich ihn im Rathaus an. Grund: Corona.
- +++ Der Spandau-Ticker zu Corona – hier der Link +++
Herr Machulik, wie trifft Corona Sie, also das Rathaus? „Es trifft uns sehr und damit auch die Bürger. Wir werden den Publikumsverkehr stoppen.“
Heißt konkret? „Das klassische Bürgeramt habe ich geschlossen, und zwar alle im Bezirk – von der Wasserstadt bis Kladow. Das betrifft auch das große Bürgeramt im Rathaus. Wir wollten nicht mehr als 10 Menschen im Raum, so wie es empfohlen wird – aber das wäre im Rathaus nicht umsetzbar. Ja, das wird jetzt für alle schwer, das weiß ich, es wird ruckeln, aber wir müssen jetzt alle mal umdenken. Es geht auch um die Sicherheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.“
Arbeiten alle im Homeoffice? „Nein, leider nicht, dafür fehlt uns nicht nur das Equipment, sondern vor allem Rechnerleistung.“
Sie? „Ich bin im Büro.“
Was sollen Bürger machen? „Jeder Bürger muss sich die Frage stellen: Gibt es das Formular auch online? Muss ich wirklich ins Amt? Kann ich es zuhause ausdrucken und per Post schicken? Rufe ich einfach an und kläre den Sachverhalt? Sie werden staunen, wie selten Sie ins Rathaus müssen.“
Anrufen geht aber? „Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind im Dienst und haben ein Telefon auf dem Schreibtisch.“
Bei Notfällen? „Selbst Sterbeurkunden oder Geburtsurkunden verschicken wir per Einschreiben. Aber für den extremen Notfall haben wir einen kleinen Extratresen, mit Glasscheibe und Sicherheitsdienst.“
Ihre Sorge? „Die Berliner Politik muss schnell handeln, damit nicht alle am Monatsende das Rathaus stürmen, um den Berlin-Pass zu verlängern – das sind in Spandau allein 1200 Menschen. Das Problem gehört dringend vom Tisch.“
Was ist mit Hochzeiten? „Es tut mir wirklich sehr leid, ich habe in traurige Gesichter geschaut, aber mehr als vier Leute dürfen nicht in den Raum des Standesamtes.“
Was ist mit Strafzetteln? „Ich gehe davon aus, dass wieder mehr Leute vom BVG-Bus aufs Auto umsteigen – deshalb müssen wir erst recht Präsenz zeigen. Also: Ja, wir sind draußen auf den Straßen. Allerdings wurden meine Kolleginnen und Kollegen am Wochenende in der Altstadt schon angepöbelt, weil sie jetzt Falschparker aufgeschrieben haben. Solche Angriffe verstehe ich nicht. Ordnung muss eingehalten werden.“
Was wurde noch abgesagt? „Alles, von der Sprechstunde über den Seniorennachmittag bis zur Jugendreise. Geschlossen sind auch alle Jugendheime und Sporthallen…“
…und bei Ihnen? „Ich wollte in unsere Partnerstadt Wolgograd reisen. Ich hatte Karten für ein Konzert. Und ich gehe gern zu Tennis Borussia – tja, Pech, fällt alles flach.“
Ihr wichtigster Rat? „Bitte Ruhe bewahren.“ – Fragen: André Görke für den Spandau-Newsletter
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André Görke ist stellvertretender Berlin-Chef beim Tagesspiegel, gehört zum Team der Tagesspiegel-Newsletter und ist groß geworden in Spandau. Kontakt: spandau@tagesspiegel.de
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