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Personalrat schlägt Alarm: Bauteile B und E des Rathauses Zehlendorf wegen Asbests erneut gesperrt
Veröffentlicht am 04.06.2020 von Boris Buchholz

Die Verwaltung im Rathaus Zehlendorf kommt nicht zur Ruhe: Erst sorgten Ende November Asbestfunde in Büroräumen für einen Ausnahmezustand im Rathaus Zehlendorf, dann folgte im Frühjahr der Corona-Notbetrieb – jetzt sind wieder die Bauteile B und E gesperrt, bis zu 200 Beschäftigte der Verwaltung arbeiten dort eigentlich. Sie wurden auf Standorte im ganzen Bezirk verteilt.
Anlass ist wieder Asbest: Im Februar stellte ein Gutachter fest, dass nicht wie vermutet die Fensterbänke aus Asbestzement porös geworden seien und Fasern emittierten. Es sind stattdessen bröckelnde asbesthaltige Fensterlacke und Fensterkitt für die Asbestfasern im Innern verantwortlich. Um die losen Lack- und Kitt-Stücke zu beseitigen, rückte am Montag, 25. Mai, eine Fachfirma an und begann am Bauteil B, die Fenster von außen zu „reinigen“ – mit dramatischen Folgen.
Durch die stark verwitterten Fenster drang Staub in die Büroräume, in denen gearbeitet wurde. Staub, bei dem nicht ausgeschlossen werden kann, dass er Asbestfasern enthält. Der Personalrat wurde informiert und schlug Alarm: Am nächsten Tag, Dienstag, wurden die Arbeiten gestoppt. Aus Sicht der Arbeitnehmervertreter war „der Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten nicht mehr gegeben“, wie der Personalrat in einem Offenen Brief mitteilte. Schon am Dienstag wurde der Bauteil B geräumt, am Mittwoch folgte der Gebäudeteil E, beide stammen aus den 1970-er Jahren.
Im Offenen Brief forderte der Personalrat die sofortige „Sperrung der Bauteile für Beschäftigte und Besucher*innen“. Sofort sollten „geeignete Maßnahmen zur Sanierung der Fenster und Fensterbänke in den Bauteilen B und E“ eingeleitet und kurzfristig „geeignete Ersatzstandorte“ angemietet werden. „Die Arbeitsbedingungen [sind] für die Beschäftigten im Rathaus Zehlendorf nicht länger hinnehmbar“, urteilte der Personalrat und nannte neben der Asbestbelastung stinkende Toiletten mit „Ekelfaktor“, marode Wasserleitungen, die regelmäßig ausfallende Heizung, bröckelnde Fassade und steckenbleibende Aufzüge. Zwar verstehe man, dass eine Sanierung „mit Abriss und Neubau nicht von heute auf morgen passieren“ könne, sagt der Personalratsvorsitzende Stephan Göldner auf Nachfrage des Tagesspiegels. Aber im Umgang mit dem Asbest „hätten wir uns eine schnellere Lösung gewünscht“, so Göldner, „hier wurde Zeit verschenkt, was letztendlich die Beschäftigten belastet“.
Raus, abreißen, neu bauen. So fasst Baustadträtin Maren Schellenberg (Grüne) den gewünschten und optimalen Umgang mit den Bauteilen B und E des Rathauses zusammen. „Größere Investitionen in diese Bauteile, die man 2023 eh abreißen will, lohnen sich nicht mehr“, sagt sie. Kurzfristig müsse es darum gehen, die Räume soweit wiederherzustellen, dass ein gefahrloses Arbeiten möglich sei.
Für Bauteil B steht der Maßnahmenkatalog bereits fest. Aktuell wird die Reinigung der Fenster von außen fortgeführt; alle lockeren Teile der Fensterrahmen und -einfassungen sollen beseitigt werden. Dann werden die Fenster mit einem „Asbestrestfaserbindemittel“ bestrichen, „dass muss man sich in etwa vorstellen wie Haarspray“, so die Stadträtin. Öffnungen sollen verklebt, weiterer Zerfall verhindert werden. Im dritten Schritt werden alle Innenräume von einer Spezialfirma gereinigt bevor im vierten Schritt wieder Luftmessungen durchgeführt werden. Sollten die Sachverständigen keine Asbestfasern finden, könnten die Mitarbeiter wieder an ihre angestammten Schreibtische zurückkehren. „Im optimalen Fall sind wir bis zum 15. Juni mit allem durch“, hofft Maren Schellenberg.
Die akute Umgang mit den Asbestfasern ist im Bauteil E weit schwieriger – „man kommt von außen schlechter dran“, erklärt die Baustadträtin. Deshalb werde derzeit überlegt, die Faser-Bekämpfung, hier ist „nur“ der asbesthaltige Fensterlack marode, von innen bei geöffneten Fenstern durchzuführen. Gerade würden Angebote eingeholt und ausgewertet werden – es kann also noch etwas dauern, bis die Arbeiten beginnen. Ob nach den Akut-Maßnahmen die Fenster wieder geöffnet werden dürfen, entscheiden dann die Gutachter und Sachverständigen. „Büroräume müssen belüftbar sein“, stellt Personalratsvorsitzender Stephan Göldner klar. „Wir haben viel Süd- und Südwestlage“, erläutert er, da seien die Büros im Sommer mit 35 Grad öfters überhitzt. Sollten die Fenster zukünftig also nicht zu öffnen sein, sei der Arbeits- und Gesundheitsschutz der Beschäftigten nicht mehr gegeben – und die Räume wären unbenutzbar.
Das provisorische Bindemittel-Asbestpflaster wirkt sowieso nur kurz. Es könne bis zu einem Jahr halten, meint Maren Schellenberg. Dann fange wieder alles von vorne an. Deshalb suche das Bezirksamt aktuell nach Ersatzstandorten. Wenn ein geeignetes Objekt gefunden wäre, müssten allerdings der Finanzsenator und der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses das Geld für die Miete freigeben – aus dem eigenen Haushalt kann der Bezirk seinen betroffenen Beschäftigten kein neues Obdach finanzieren. Auf der anderen Seite: Wenn das Rathaus wie geplant ab dem Jahr 2023 für über 70 Millionen Euro teilweise abgerissen und neu gebaut wird (der Altbau aus den 1920-er Jahren wird saniert), müssen sowieso für einige Jahre Übergangslösungen gefunden werden. Die Mitarbeiter würden, so der Personalrat, froh sein, dem zerfallenden Rathausbau möglichst bald entrinnen zu können.
Auch Maren Schellenberg wird drei Kreuze machen, wenn die aktuelle Asbest-Notlage wieder beendet ist. Ihr Büro befindet sich im dritten Stock des Bauteils E – es ist die einzige Etage im Sechsgeschosser, die von Asbestlacken und -kitt verschont geblieben ist. Die Beschäftigten aus Rest-E und B wurden dort untergebracht, wo gerade Platz ist: An Schreibtischen von Menschen, die krank oder im Urlaub sind, auf noch nicht besetzten Stellen, in Sitzungsräumen, im Jugendausbildungszentrum. Ein Teil der bezirklichen IT-Stelle hat im Besprechungsraum der Stadträtin ihr Lager aufgeschlagen. Natürlich mit 1,5 Meter Abstand von Arbeitsplatz zu Arbeitsplatz. – Text: Boris Buchholz
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