Kiezgespräch

Veröffentlicht am 07.03.2024 von Boris Buchholz

Erst demonstrierten vor einer Woche rund 2000 Schülerinnen und Schüler gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie auf der Schloßstraße, dann wurde gedroht: Doch die Ankündigung des AfD-Abgeordneten Thorsten Weiß, Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Schulleiter der Fichtenberg-Oberschule Andreas Golus-Steiner einzulegen, zeigte eine andere Wirkung, als vom AfD-Mann wohl gedacht: SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung solidarisierte sich in einem offenen Brief mit dem Schulleiter und würdigte seine „herausragende Arbeit“ sowie sein „vorbildliches Engagement“.

„Wir haben mit Bewunderung und Respekt zur Kenntnis genommen, dass Sie Ihre Schülerinnen und Schüler bei ihrer Demonstration gegen den Angriff von rechts auf unsere Demokratie und Menschenrechte so umfassend unterstützt haben“, schreiben die Sozialdemokraten. „Das ist aus unserer Perspektive die beste Form von politischer Bildung!“ Weiter heißt es in dem Schreiben: „Durch Ihre vorbildliche Initiative sind Sie ins Visier der AfD und anderer rechter Demokratiefeinde geraten.“ Man werde sich gemeinsam gegen alle Einschüchterungsversuche zur Wehr setzen. Lehrkräfte, die sich für Toleranz, Vielfalt und demokratische Werte einsetzen, müssten unterstützt und geschützt werden.

Der AfD-Abgeordnete Weiß hatte vergangene Woche dem Schulleiter vorgeworfen, „aggressiv“ für die Teilnahme an der Demonstration geworben und damit den „Schulfrieden gefährdet“ zu haben. Er kündigte eine Beschwerde beim Senat an.

Täglich erreichen Andreas Golus-Steiner seit der Demonstration seiner Schüler Hass-Mails, berichtet die „BZ“ am heutigen Donnerstag. Es sind Kommentare wie diese: „Lösch Dich einfach.“ „Als Schulleiter sind Sie eine Fehlbesetzung.“ „Mal schauen, ob Sie immer noch so schwadronieren, sollte die AfD Regierungsverantwortung bekommen.“

Auch die Schülerinnen und Schülern, die sich für die Demokratie einsetzen und auf die Straße gegangen waren, wurden von Rechtsaußen unter Druck gesetzt: Die Demonstration des Lilienthal-Gymnasiums vor zwei Wochen streamte der Youtube-Kanal „Beobachter Live“ zwei Stunden lang live – abwertende und zynische Kommentare inklusive. Die Demo, die von den Fichte-Schülern organisiert wurde, stand ebenfalls unter Beobachtung, AfD-Politiker aus dem Bezirk dokumentierten den Protest.

Mut machen. Die Fraktionen von Bündnis 90 / Die Grünen, SPD und FDP stellen sich per Pressemitteilung vor und neben die Schülerinnen und Schüler. Die jungen Leute seien auf die Straße gegangen, um für Meinungsfreiheit, für Frieden und für Demokratie einzustehen. „Wir als Ampel-Zählgemeinschaft finden das großartig und unterstützen dies ausdrücklich.“

„Schülerinnen und Schüler zeigen, dass sie schon früh beginnen, sich eine Meinung zu bilden und dafür einzustehen“, sagt Ulrike Kipf, die Co-Fraktionsvorsitzende der Grünen. „Das ist gelebte Demokratie.“ Sie danke allen jungen Menschen für Ihre Courage und ihren Einsatz. „Umso erschreckender ist es, dass führende Figuren der lokalen AfD diese Courage mit Einschüchterungsversuchen gegenüber den Schülerinnen und Schülern beantwortet haben“, fügt Søren Grawert, schulpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, an. Das „penetrante Abfilmen der demonstrierenden Schüler“ sei schäbig und zeuge von einer „tiefen politischen Charakterschwäche“. Norbert Buchta, der Co-Vorsitzende der SPD-Fraktion: „Die Aktionen der Schülerinnen und Schüler verdienen Respekt und Anerkennung.“