Intro
von Cay Dobberke
Veröffentlicht am 06.09.2019
auf gefährliche Schulwege haben uns viele Eltern und andere Leser zum Beginn des neuen Schuljahres aufmerksam gemacht, nachdem wir um Hinweise gebeten hatten. Jetzt reagiert die BVV. Für die nächste Sitzung am 12. September liegen zehn Anträge auf mehr Verkehrssicherheit vor, davon neun von der SPD. In den meisten davon geht es um die genannten Orte. Die Schulwegsicherheit sei „insbesondere seit Beginn dieser Wahlperiode“ ein Schwerpunktthema der SPD-Fraktion, schrieben uns Ann-Kathrin Biewener und Claudia Buß. „Solche Rückmeldungen, wie die von Ihnen zusammengestellten, sind sehr wichtig für unsere Arbeit.“
Unsere dreiteilige Serie können Sie noch hier, hier und hier lesen. Beispielsweise hatte ein Leser beklagt, in der Tempo-30-Zone der Wilhelmsaue werde viel gerast, weil Autofahrer die Straße als Abkürzung zwischen Uhlandstraße und Bundesallee missbrauchen. Nun fordert die SPD, neue Maßnahmen zu prüfen, darunter Bodenschwellen und Fahrbahnmarkierungen. Einen ähnlichen Antrag stellt die Linksfraktion. Sie regt Bodenmarkierungen und -schwellen, Gehwegvorstreckungen sowie Poller gegen Falschparker an und fordert „Schwerpunktkontrollen zur Bewertung der Verkehrssicherheit“.
Die SPD wünscht sich außerdem längere Grünphasen für Fußgänger an Ampeln nahe der Comenius-Grundschule in Schmargendorf sowie am Theodor-Heuss-Platz / Ecke Ahornallee und an der Heerstraße in Höhe des S-Bahnhofs, wo viele Schüler der Wald-Grundschule und des Herder-Gymnasiums die Fahrbahnen überqueren. Die Fraktion schließt sich der Kritik eines Newsletter-Lesers am Grünpfeil in der Herbartstraße an, der das Rechtsabbiegen in die Neue Kantstraße bei roter Ampel erlaubt. Das nutze Autofahrern wegen des starken Verkehrs in der Neuen Kantstraße wenig, erhöhe aber die Gefahr für Fußgänger, finden auch die Sozialdemokratinnen. Für den Lehniner Platz regen sie an, eine weitere Ampel zu installieren oder die bestehenden zu versetzen. In der Babelsberger Straße und in der Joachim-Friedrich-Straße sollen Autofahrer deutlicher auf die dortigen Tempo-30-Zonen aufmerksam gemacht werden. In der Prinzregentenstraße müsse verstärkt auf die vorhandene Fahrradstraße hingewiesen werden. Eigentlich dürfen dort nur Anwohner mit dem Auto nach Hause bzw. von dort aus fahren.
Die BVV beginnt am Donnerstag, 12. September, um 17 Uhr im Rathaus Charlottenburg. Die ganze Tagesordnung finden Sie hier.
Die Fußgängerzone Wilmersdorfer Straße sollte über die Schillerstraße hinaus bis zur Bismarckstraße ausgeweitet werden, findet die CDU-Fraktion. Läden in dem kurzen Straßenteil könnten profitieren, außerdem würde der Durchgangsverkehr eingedämmt und „die Situation der Fußgänger erheblich verbessert“.
Weniger Plastikmüll strebt die CDU mit ihrer Forderung an, in Schulen die „Benutzung von Plastik möglichst abzuschaffen“ und Eltern nahezulegen, ihren Kindern keine Einwegflaschen oder andere Gegenstände aus Kunststoff mitzugeben.
Um den Ernst-Reuter-Platz geht es gleich zwei Fraktionen. Die FDP fragt traurig: „Ernst-Reuter-Platz – was ist aus Dir geworden?“ und will erfahren, ob es stimmt, dass der Brunnen „in dieser Saison aufgrund einer defekten Wasserleitung nicht in Betrieb gehen konnte und die Wasserbetriebe nicht in der Lage waren, die Wasserleitung in angemessener Zeit zu reparieren“. Außerdem soll das Bezirksamt erklären, was es getan hat, um dem „nicht repräsentativen Eindruck“ des Platzes zu begegnen und die Grünanlage „in einen vorzeigbaren Zustand zu überführen“. Die Grünen-Fraktion interessiert sich für die Rolle des Bauhaus-Pavillons „Bauhaus reuse“ auf der Mittelinsel als Forum für die Stadtentwicklung in der City West.
Die Künstlerkolonie Berlin nahe dem Südwestkorso liegt den Grünen ebenfalls am Herzen. Sie unterstützen eine Initiative des dortigen Vereins, der den brachliegenden Kiosk am Ludwig-Barnay-Platz als „Ort der Kunst“ nutzen und über das historische Gebäude-Ensemble informieren will. Gleichzeitig fordern die Grünen eine bessere Grünpflege auf dem Ludwig-Barnay-Platz und dessen Neugestaltung.
Verkehrspolitisch lehnen die Grünen eine Brücke zwischen der Avus und Eichkamp ab. Der Hintergrund ist das Vorhaben des Berliner Senats, im Rahmen der geplanten Modernisierung und Umgestaltung der Stadtautobahn A100 am Dreieck Funkturm eine direkte Zufahrt zum Messegelände am Funkturm zu schaffen. Aus Sicht der Grünen muss eine Lösung gefunden werden, welche die Siedlung Eichkamp vor Lärm schützt.
„Der Mietendeckel kommt“, freut sich die Linksfraktion und fordert das Bezirksamt in diesem Zusammenhang auf, die Mieter im Bezirk „mit einer breit angelegten Informationskampagne über die Einführung des Berliner Mietengesetzes und die daraus resultierenden Rechte zu informieren“. Die Grünen haben sich dem Antrag bereits angeschlossen.
Eine genaue Dokumentation antisemitischer Vorfälle verlangt die AfD-Fraktion. Das Integrationsbüro des Bezirksamts solle dabei unter anderem analysieren, „welche Personen bzw. Personengruppen“ für die Taten verantwortlich sind. Nicht zuletzt zeigt die AfD auch in diesem Antrag wieder ihr Ressentiment gegenüber Muslimen: Antisemitismus sei „gerade infolge der islamischen Immigration auffällig“.
Das Westkreuz solle zur „Mobilitätsdrehscheibe“ werden, heißt es in einem weiteren AfD-Antrag. Dabei greift die Fraktion eine Idee auf, für die sich bisher vor allem die FDP stark gemacht hat – nämlich eine „eventuelle Weiterführung der U-Bahn“ vom Bahnhof Adenauerplatz bis nach Halensee und „ggf. noch weiter bis Westkreuz“. Dort wünscht sich die AfD zusätzlich einen Fern- und Regionalbahnsteig, ein Parkhaus mit Anschluss an die Stadtautobahn, in dem „Inhaber von VBB-Zeitkarten kostenlos bis zu 12 Stunden parken können“, Einkaufsmöglichkeiten und ein Fahrradparkhaus.
Die meisten Anträge wird die BVV erst einmal zur Beratung in die Ausschüsse überweisen. Das ist nicht nur so üblich, sondern diesmal auch unumgänglich, weil die Bezirksverordneten noch ausführlich über den Doppelhaushalt 2020/2021 debattieren wollen. Einige Themen aus der Tagesordnung entfallen wohl. Deshalb wurde für den 19. September eine Sondersitzung anberaumt.
Cay Dobberke, geboren in Berlin, wohnt seit mehr als 25 Jahren in Wilmersdorf. Wenn Sie Anregungen, Kritik, Wünsche, Tipps haben, schreiben Sie ihm bitte eine E-Mail an cay.dobberke@tagesspiegel.de