Namen & Neues
"Investor mit Herz" kauft Corinthstraße 56
Veröffentlicht am 24.06.2021 von Nele Jensch
Das Bangen für die Mieter*innen der Corinthstraße 56 ist vorbei: Der Berliner Unternehmer Michael Kölmel – der vor zwei Jahren ein Wohnhaus am Strausberger Platz 21 erworben hatte, nachdem die Mietenden dort nach einem „Investor mit Herz“ für das Gebäude gesucht hatten – bekam vergangene Woche den Zuschlag für die Immobilie.
Im Vorfeld hatte die Hausgemeinschaft sehr aktiv nach einem Käufer gesucht: Ende April erfuhren die Bewohner*innen, dass das Haus im Friedrichshainer Laskerkiez von der schweizerischen Blue Rock Group gekauft worden war – und befürchteten, dass dem Unternehmen „ganz klar weniger um bezahlbaren und schützenswerten Wohnraum, sondern um Rendite, Gewinn durch Wertschöpfung“ gehe (wir berichteten). Da das Haus in einem Milieuschutzgebiet liegt, bemühten sich die Mieter*innen um einen oder eine am Gemeinwohl orientierten Vorkäufer*in, sie kontaktierten rund 40 Wohnungsbaugenossenschaften und Stiftungen, darunter auch Kölmel.
Die Blue Rock Group hätte den Vorkauf abwenden können – wäre sie denn bereit gewesen, eine entsprechende Abwendungsvereinbarung zu unterzeichnen, in der sich Käufer*innen verpflichten, etwa auf die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen für die Dauer von 20 Jahren und krasse Mieterhöhungen zu verzichten. Im Fall der Corinthstraße soll das Unternehmen mit Verbindung nach Luxemburg nicht bereit gewesen sein, das Vorkaufsrecht abzuwenden.
Komisch: Auf Nachfrage hatte mir Geschäftsführer Ronny Pifko im Mai versichert, sich „lediglich um die professionelle Instandhaltung der Immobilie“ kümmern und auf den Verkauf einzelner Wohnungen verzichten zu wollen. „Wir schätzen die bunte Berliner Vielfalt und haben keinerlei Interesse daran, sie aus ihrem Zuhause zu verdrängen“, so Pifko. Luxusappartements oder -sanierungen seien nicht geplant. Warum das Unternehmen dann wohl nicht bereit war, eine entsprechende Abwendungserklärung zu unterschreiben?
Der Bezirk zeigt sich beeindruckt vom erfolgreichen Engagement der Mieter*innen: „Ich zolle dem Engagement der Hausgemeinschaft in der Corinthstraße 56 meinen Respekt“, sagt Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) der „Berliner Zeitung“. Das Bezirksamt zeige mit diesem Modell, dass es handlungsfähig sei, selbst wenn landeseigene Wohnungsbaugesellschaften oder Genossenschaften nicht für die Ausübung des Vorkaufsrechts zur Verfügung stehen.
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