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von Madlen Haarbach

Veröffentlicht am 20.03.2019

Ende vergangenen Jahres beschloss die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eine neue Geschäftsordnung – mit dem Ziel, die Bearbeitung wichtiger Themen zu beschleunigen. Die verschiedenen Maßnahmen (vereinfachte Überweisung von nicht-bearbeiteten Anträgen in Ausschüsse, verkürzte Redezeit, etc.) konnten nicht verhindern, dass sich erneut 66 vertagte Drucksachen und Anfragen angesammelt hatten. Die zusätzliche Sitzung am Montag konnte zwar, teilweise sogar erstaunlich schnell, immerhin fast die Hälfte der liegengebliebenen Themen abarbeiten. Aber ein Blick auf die Tagesordnung zeigt: Ein großer Anteil der Anträge wurde abgelehnt, viele beziehen sich auf längst beschlossene (oder nicht mehr aktuelle) Themen oder überschreiten die Zuständigkeit des Bezirksamtes.

Während etwa der AfD-Verordnete Stephan Piehl beklagte, dass direkt vor seinem Wohnhaus der Gehweg defekt sei (wie sich später herausstellte, handelte es sich nicht um einen defekten, sondern einen nicht-vorhandenen Gehweg, auch bekannt als Grünfläche), beglückte seine fraktionslose Parteikollegin Anne Zielisch die Anwesenden mit dem vierten Teil ihrer Anfrage zur Scharia in Neuköllner Kantinen (für deren Speisepläne das Bezirksamt nicht zuständig ist). Es kommentiert Stadtrat Jochen Biedermann: „Ich hoffe, ich provoziere mit meiner Post-BVV-Pizzakreation nicht die Anfrage, in wie viel Stadtratsküchen die Scharia gilt.“ (Twitter).

Sie merken: Die Neuköllner BVV ist oft so absurd, dass nur noch Humor hilft. Interessierten empfehle ich an dieser Stelle einen Blick auf die Twitterkonversationen während der BVV.

Ein paar Dinge wurden dann doch noch beschlossen. Hier eine Auswahl: Das Bezirksamt soll prüfen, ob Photovoltaik-Anlagen auf Schulen installiert werden können; die Städtepartnerschaft mit der israelischen Stadt Bat Yam soll wiederbelebt werden; die Tempo-30 Begrenzung in der Hufeisensiedlung soll durch bauliche Maßnahmen durchgesetzt werden; die Kreuzung Kiehlufer/Bouchéstraße soll verkehrssicherer werden; die Tempo-30-Zone in der Fulhamer Allee ausgeweitet werden; das Bezirksamt soll sich für die Einrichtung einer Soko Betäubungsmittel bei der Polizei einsetzen. Außerdem soll ein Tourismus-Beirat einberufen werden, der sich „beratend mit der Steuerung von Tourismus in Neukölln“ befassen soll – gemeint sind wohl in erster Linie die negativen Auswirkungen wie Lärm, Müll und illegale Ferienwohnungen.

Heute ab 17 Uhr geht das BVV-Spektakel im Rathaus weiter, die Sitzung ist wie immer öffentlich. Wir freuen uns auch schon auf, ebenfalls Zitat Stadtrat Biedermann, „Teil 5 des Blockbusters ‚Stirb langsam, Schweinefleisch'“. Außerdem grüßt das Murmeltier in Form der Anfragen „Schilder da, aber niemand kann sie sehen“, Teil 12 bis 17. Die ganze Tagesordnung finden Sie hier. Kommen Sie doch vorbei!

Madlen Haarbach ist freie Autorin beim Tagesspiegel. Sie freut sich über Kritik, Anregungen und Tipps bei Twitter oder per E-Mail.