Nachbarschaft

Veröffentlicht am 05.02.2019 von André Görke

Joachim Weiß, 63, Träger des Bundesverdienstkreuzes. Auf dem Foto ist er mit Ehefrau Martina zu sehen. Die beiden engagieren sich ehrenamtlich in Spandau.

Herr Weiß, Sie spendieren dem Rathausturm die neue Spandau-Fahne. Was treibt Sie an? „Ich bin echter Berliner, wohne seit 20 Jahren hier auf dem Flugplatz Gatow. Der Bezirk ist mir ans Herz gewachsen. Ich saß früher sogar mal in der BVV für die CDU, aber dieses politische Gegeneinander – nein, das war nichts für mich. Ich weiß aber durch diese Arbeit, wie wenig Geld für so was da ist. Die 250 Euro für die Rathaus-Fahne zahle ich gern, oder besser: die zahlen wir, meine Frau und ich.“

Ihre Motivation? „Das soll nicht theatralisch klingen, aber: Es geht uns gut. Wir haben dem Staat viel zu verdanken. Ich war früher bei der Bundeswehr tätig, ich habe dort Pädagogik studiert und den jungen Soldaten immer gesagt: Die Demokratie lebt vom Engagement der Bürger. Dann muss ich das auch vorleben, oder? Und wissen Sie was: Es tut gut, auch mir selbst. Ich habe leider Multiple Sklerose, seit 2002 schon. Meine Frau musste auch kämpfen, sie war schwer krank. Krebs. Aber wie Sie sehen: Wir beide bringen uns immer wieder ein. Ich kann leider mit meiner Krankheit nicht auf den Rathausturm steigen, aber wenn die Fahne dort oben weht, freue ich mich auch unten. So ist das auch beim Kinderflohmarkt, den ich seit Jahren organisiere und wo die Kinder so schön lachen.“

Im Spandau-Newsletter haben wir Sie mal erwähnt, weil Sie seit Jahren für Obdachlose aus Spandau ein Weihnachtsfest organisieren. „40 Menschen aus Spandau laden wir jedes Jahr ein. Wir holen sie aus der ‚Herberge zur Heimat‘ ab, einer Hilfseinrichtung im Falkenhagener Feld. Mercedes stellt uns einen Bus, Kinder basteln Geschenke, die Bundeswehr half die letzten zwei Jahre mit Casino, Koch und Kellner. Und Spenden in Höhe von 1200 Euro brachten Freunde und Nachbarn fürs Essen mit. Nächstes Jahr hilft uns das ‚Seglerheim‘ am Kladower Hafen. Dort feiern wir 2019 Weihnachten.“

Was ärgert Sie in Spandau? „Mir ist die Potsdamer Chaussee nicht ganz geheuer. Wenn 10.000 Menschen nach Krampnitz ziehen, müssen die mit ihren Autos alle über die Rieselfelder nach Spandau. Das kann nicht klappen.“

Der beste Ort in Spandau? „Mit einer Currywurst am Hafen in Kladow sitzen.“ – Autor: André Görke

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Dieses Interview erschien zuerst im neuen Spandau-Newsletter vom Tagesspiegel. Den können Sie kostenlos und komplett bestellen unter leute.tagesspiegel.de. Ich freue mich auf Sie!